Die Medizin ging und geht davon aus, dass bei Psoriatikern das Immunsystem defekt ist und deshalb überregiert. Deshalb werden Medikamente eingesetzt, die das Immunsystem herunterregeln sollen (Immunsupressiva). Österreichische Wissenschaftler bezweifeln die Annahme, Schuppenflechte sei das Ergebnis einer Autoimmun-Erkrankung, in einer Studie. Sie glauben beweisen zu können, dass es genau umgekehrt sei: Die Psoriasis ist eine Hauterkrankung, die sich auf das Immunsystem auswirkt. Wenn das stimmt, müssten Menschen mit Schuppenflechte mit völlig anderen Medikamente behandelt werden.
Wissenschaftler vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien und der Universitäts-Hautklinik am Wiener Allgemeinen Krankenhaus (AKH) haben ihre Studie in der britischen Wissenschaftszeitschrift "Nature" vom 15.09. 05 vorgestellt. Daran waren unter anderem beteiligt der Mausgenetiker Prof. Dr. Erwin Wagner (IMP), Rainer Zenz (IMP) und der Immundermatologe Prof. Dr. Erwin Tschachler (AKH).
Bei ihren Versuchen stellten sie fest, dass es nicht die Immunzellen sind, die eine Psoriasis auslösen. Denn Mäuse ohne T- und B-Zellen, also ohne funktionierendes Immunsystem, erkrankten ebenfalls an Psoriasis. Bei Psoriatikern fehle das JunB-Protein in den entsprechenden Hautarealen. Deshalb breche die Krankheit aus. Das JunB-Gen stamme aus einer Region, in der Wissenschaftler schon länger die Veranlagung zur Psoriasis vermutet haben.
Die Gelenkbeteiligung (Psoriasis arthritis) dagegen tritt nach Meinung der Wissenschaftler erst dann auf, wenn das Immunsystem auf das JunB-Defizit reagiert. An diesem Vorgang müssen Bakterien zumindest beteiligt sein, denn als die Mäuse mit arthritischen Symptomen mit einem Antibiotikum behandelt wurden, konnte die Gelenkentzündung zurück gedrängt werden.
Wenn sich die Erkenntnisse der Wiener Wissenschaftler bestätigen sollten, dürfte die Psoriasis zukünftig nicht mehr vorrangig mit Wirkstoffen behandelt werden, die das Immunsystem unterdrücken: Cortison, Methotrexat, Cyclosporin oder Biologika wären dann "out". Stattdessen, so Rainer Zenz, müssten Medikamente mit den Proteinen S100 A8 und S100 A9 entwickelt werden, weil die solche Immunzellen anlocken können, die eine Entzündung fördern.
Quellen:
- Der Standard (Wien), 15.09.05
- Die Presse (Wien), 15.09.05 (nicht mehr online verfügbar)
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