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    Rolf Blaga

    Abschied in München

    Dietmar Schulz

    Am 11. Juli 2011 wurde der Vorsitzende des Vereins Psoriasis Selbsthilfe München (PSM), Dietmar Schulz, verabschiedet – nach 26 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit. Knapp einen Monat vorher hatte die Mitgliederversammlung beschlossen, den Verein aufzulösen. Es hatte sich niemand gefunden, den Vorstand weiterzuführen. Das ist kein Einzelfall. Im Gegenteil droht vielen Selbsthilfegruppen in Deutschland das gleiche Schicksal.

    Dietmar Schulz ist ein „Urgestein der Münchener Selbsthilfe“. Seit 26 Jahren ist er aktiv. Er ist im wörtlichen Sinne ein Patient, der zum „Experten in eigener Sache“ geworden ist. Er hat sich nicht nur alles rund um seine Krankheit angeeignet, sondern auch den Informations- und Erfahrungsaustausch in München organisiert. Im Laufe der Jahre wurde er außerdem Experte für Rechtsfragen vom Behinderten- bis hin zum Vereinsrecht, von Finanzierungs- bis hin zu Buchhaltungs-Problemen.

    Für die einen galt er als unbequem und querulant, weil er auch das Kleingedruckte aufmerksam las. Für die anderen war er ein gefragter Ratgeber, weil er die „Tücken der Vorschriften“ genau kannte. Er lernte es, Info-Briefe zu verfassen und eine Vereinseite ins Internet zu stellen. Nicht immer hoch professionell, aber selbstgemacht! Dietmar Schulz hat sich, wie so viele andere auch, im Laufe der Jahre als Patientenvertreter „von unten“ her qualifiziert.

    Die Münchener Selbsthilfegruppe gab es seit 1975. Anfangs als Regionalgruppe des Deutschen Psoriasis Bundes (DPB), erklärte sie 1997 ihre Unabhängigkeit und gründete sich als Verein PSM. Mit weiteren ehemaligen DPB-Gruppen und dem Psoriasis-Netz bildete man den Dachverband Psoriasis Selbsthilfe Arbeitsgemeinschaft (PSOAG). Alle waren sich darin einig, völlig unbeeinflusst und kritisch Psoriasis-Patienten informieren und organisieren zu wollen. Die Gruppe in München galt als eine der aktivsten innerhalb der PSOAG. Deshalb sind viele erschrocken, dass selbst diese „Vorzeige-Gruppe“ sich auflösen musste, weil der Nachwuchs fehlt. Es schmerzt, wenn man zusehen muss, dass ein „Lebenswerk“ nicht weitergeführt werden kann. Ein Trostpflaster bleibt: Psoriatiker aus dem Münchener Raum können sich weiterhin telefonisch, brieflich oder per Email beraten lassen.

    Schulz’ bisherige Mitstreiter aus München und Vertreter der PSOAG dankten ihm für sein jahrelanges Engagement. Seine Münchener Vereinsfreunde schenkten ihm unter anderem als Schmuck für seinen Garten einen Messing-Gockel. Damit er weiterhin beim Kleingedruckten nichts übersieht, erhielt er von der PSOAG eine ordentliche Lupe.

    Die Münchener Psoriasis-Selbsthilfegruppe ist nicht die erste, die niemanden gefunden hat, der die bisherige Arbeit weiterführen will. Sie wird auch nicht die letzte sein, denn die meisten Patientenverbände verlieren empfindlich an Mitgliedern und Aktiven. Örtliche Gruppen stehen oft genug nur noch auf dem Papier. Darüber wird natürlich nicht gerne offen gesprochen, denn es geht dabei um Geld und Einfluss. Die großen Selbsthilfeverbände entwickeln sich immer weiter weg von Mitgliedervereinigungen hin zu Lobby-Organisationen. Da ist es dann weniger wichtig, wie viel Betroffene wirklich aktiv sind, sondern wie professionell die Geschäftsführung agiert. Das Geld dafür kommt von den Krankenkassen. Vor allem aber sind es Pharmafirmen, die durch hohe Zuwendungen letztendlich lenken, welche Patientenvertreter sich Gehör verschaffen können.

    Der Dachverband PSOAG wird keine "Potemkischen" Gruppen anführen, sondern die veränderten Umstände offen ansprechen. Auch Betroffene, die nicht in Selbsthilfegruppen aktiv sind, informieren sie sich über ihre Krankheit und tauschen ihre Erfahrungen aus. Das haben die Pharmafirmen und ihre Werbeagenturen längst erkannt. Mit hohem finanziellen Aufwand werden Psoriasis-Patienten umworben: über Hochglanzbroschüren, auf gestylten Internetportalen und über Aktionen und Wettbewerbe. Aktive Patienten-Selbsthilfe im Internet findet im Psoriasis-Netz statt mit dem Forum, den Chats und den regionalen bzw. überregionalen Chatter-Treffen. Eine Möglichkeit, die entstandene Lücke auszufüllen, könnte darin bestehen, in München wieder regelmäßige Chatter-Treffen durchzuführen.

    Traut Euch, Ihr Madels und Buam!


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    • Dietmar Schulz: Bildrechte beim Autor
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    Recommended Comments

    Guest Margitta

    Posted

    Ein herzliches Dankeschön an Dietmar

    Ohne Dietmar Schulz wäre ich nie mit dem Thema Selbsthilfe konfrontiert worden.Ich lernte Dietmar Schulz bei einem Klinikaufenthalt kennen. Dietmar war es nie zuviel wenn ich ihn anrief und um Tipps bat. Er gab mir ganz viele Informationen zur Gründung meiner Selbsthilfegruppe.Ich verdanke ihm sehr viel Wissen. Schade das niemand gefunden wurde, der seine Arbeit in der Selbsthilfe fort setzt.Ich wünsche Dietmar Schulz weiterhin alles Gute!Margitta

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