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Fumaderm ist das mit Abstand am meisten verschriebene innerlich wirkende Medikament bei Psoriasis – aber nur in Deutschland. In anderen Ländern ist dafür nie eine Zulassung angestrebt worden. Wenn die Aussagen des arznei-telegramms stimmen, hat es dennoch nie detaillierte Studien zu den Fumarsäureestern gegeben. Darüber, so die Redakteure, sollten die Patienten wenigstens aufgeklärt werden. In Deutschland kamen Fumarsäureester als Fertigpräparat auf den Markt, nachdem in den 80-er Jahren Dr. Günter Schäfer den Wirkstoff propagiert und gemeinsam mit vielen Betroffenen erfolgreich angewendet hat. Es war sein Lebenswerk, diese Wirkstoffkombination zur Behandlung der Psoriasis durchzusetzen, unterstützt vom Deutschen Psoriasis Bund e.V. Umfangreiche Studien von Phase 1 bis Phase 3 waren "damals" noch nicht erforderlich. Wenn man – wie das arznei-telegramm – genauer hinschaut, erfährt man, dass Fumaderm noch gar nicht richtig erforscht ist. Das wäre vertretbar, wenn der Hersteller Biogen Idec seine Ankündigung wahr gemacht hätte, den Mono-Wirkstoffs Dimethylfumarat zur Behandlung der Psoriasis zulassen zu wollen. Dann hätte es nach heutigem Standard umfangreiche Studien zur Wirkstoffgruppe gegeben. Solche Studien müssen in den Schubladen vorhanden sein, denn für das Präparat wurde 2006 die Zulassung unter dem Namen Panaclar beantragt, dann aber wieder zurückgezogen – nur für Deutschland. Panaclar galt als besser verträglich als Fumaderm. Jetzt wird der Mono-Wirkstoff Dimethylfumarat als Medikament gegen Multiple Sklerose unter dem Namen Tecfidera angeboten – sehr viel teurer als Fumaderm und nicht zur Behandlung der Psoriasis. Die Studienergebnisse sind also nicht übertragbar auf Fumaderm.
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arznei-telegramm geteilter Meinung über Fumaderm
Claudia Liebram posted an article in Dimethylfumarat
Eine der kritischsten Stimmen im deutschen Gesundheitswesen, das "arznei-telegramm", hat sich jetzt erneut mit dem Medikament Fumaderm und dem Wirkstoff Dimethylfumarat beschäftigt: In Ausgabe 04/2013 antwortet die Redaktion auf die Frage eines Facharztes aus Vreden. Er wollte von seinen Kollegen wissen, was von der Behandlung mit Fumarsäureestern zu halten ist. Hingewiesen wird auf die Informationen in der deutschen Leitlinie zur Behandlung der Psoriasis - eine Art Leitfaden für Ärzte, wie die Schuppenflechte für gewöhnlich therapiert wird. Demnach würden es 50 bis 70 Prozent der Patienten mit Fumaderm schaffen, ihre Schuppenflechte um 75 Prozent und mehr zurückzudrängen. Für die europäische Leitlinie indes konnten sich die Experten offenbar über Fumarsäureester nicht einigen - "die einzige Therapieoption, für die kein Konsens erzielt wird", schreibt das arznei-telegramm. Berichtet wird weiter, dass Daten zum Nutzen von Fumaderm "nach wie vor spärlich" vorhanden seien - zum einen aus einer kleinen Untersuchung mit 24 Teilnehmern und zum anderen aus der einzigen Studie, in der Patienten auch zum Vergleich ein Placebo-Medikament bekamen. "Allerdings brechen unter Fumarsäureestern 39 Prozent und unter Placebo sogar 58 Prozent die Einnahme vorzeitig ab", so das arznei-telegramm. Die Mediziner kritisieren, dass in der Veröffentlichung zur Studie weder steht, wie groß der Befall zu Beginn der Therapie war, noch, welche Therapien zuvor schon angewendet wurden. Das Fazit des arznei-telegramms: "Im Grunde sind die Ergebnisse daher nicht verwertbar". Auch die Sicherheit von Fumaderm findet das arznei-telegramm "unzureichend dokumentiert". Magen-Darm-Beschwerden und Flushs würden oft zum Absetzen der Behandlung führen. Häufige träten auch eine Eosinophilie, eine Leukopenie oder eine Lymphopenie auftreten. Einzelne Berichte über eine tödlich verlaufene Panzytopenie, ein Kaposi-Sarkom, Niereninsuffizienz oder mehrere Fälle von Nierenversagen listen die Mediziner in ihrem Beitrag auf. Sie wissen aber auch: "Die vorhandenen Therapiemöglichkeiten der schweren Psoriasis sind unbefriedigend, und die zur Verfügung stehenden Mittel bergen erhebliche Risiken". Im Fazit fassen die Redakteure zusammen, dass ihnen aussagekräftige Studien zu Nutzen und Risiken fehlen. "Nicht einmal die wirksamen Bestandteile und die optimale Dosierung sind hinreichend geklärt." Salomonisch urteilen die Schreiber schließlich aber: "Angesichts der erheblichen Risiken anderer systemischer Antipsoriatika wie Methotrexat, Ciclosporin oder Biologika hält ein Teil der Redaktion einen Therapieversuch dennoch für vertretbar, wenn die Patienten über den unzureichenden Kenntnisstand aufgeklärt werden und regelmäßige Blutbildkontrollen gewährleistet sind". Gesetzt wird auf Studien mit dem Mono-Wirkstoff Dimethylfumarat allein, der nur einer von mehreren Bestandteilen in Fumaderm ist. Immerhin stellt das Urteil "eines Teils der Redaktion" einen kleinen Fortschritt dar: Vor fünf Jahren etwa wurde Fumaderm im "Arzneimittelkursbuch 2007/2008" aus dem gleichen Hause noch kategorisch negativ beurteilt. Damals hieß es: "Wir halten die Einnahme der Fumarsäureester auf Grund der negativen Nutzen-Schaden-Bilanz für nicht vertretbar". Update: In einer Sonderausgabe wies das arznei-telegramm einige Tage nach seiner oben beschriebenen Veröffentlichung auch auf die Nebenwirkung von Dimethylfumarat hin - die Entwicklung einer PML. Lies dazu auch unseren Kommentar:Fumaderm fehlt es an Forschung -
Mit dem Wirkstoff Tofacitnib (Xeljanz) sollen folgende Patientengruppen möglichst nicht mehr behandelt werden: - wer über 65 Jahre alt ist, - wer raucht oder früher geraucht hat. - wer gefährdet ist, an Herz-/Kreislaufproblemen oder bösartigem Krebs zu erkranken. Für diese Personengruppen erhöht Tofacitinib das Risiko eines schweren Herz-Kreislauf-Ereignisses und von Krebserkrankungen (außer weißen Hautkrebs). Das ist unabhängig davon, - wegen welcher Erkrankung man mit Tofacitib behandelt wird und - wie viel man davon täglich einnimmt (Dosis). Betroffene Patienten sollten mit ihrem Arzt besprechen, ob es alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt. Wenn trotzdem mit Tofacitinib weiterbehandelt werden muss, sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchzuführen. Diese Beschränkungen sind das Ergebnis einer erneuten Risikoüberprüfung durch die Europäischen Arzneimittel Behörde (EMA). Das gab die die Herstellerfirma Pfizer im Juni 2021 bekannt. Das Risiko von schweren Arzneimittelwirkungen musste noch einmal neu bewertet werden. Denn im Februar 2021 informierten die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA und der Pharmakonzern Pfizer über bis dahin nicht bekannte, gefährliche bis hin zu tödlichen Folgen. Das hatte eine Langzeit-Sicherheitsstudie ergeben. An der hatten mehr als 4.000 Patienten teilgenommen. Die waren älter als 50 Jahre und hatten mindestens einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Probleme. Genau das ist überwiegend der typische Tofacitinib-Patient. Verglichen wurden sie mit Gleichbetroffenen, die mit TNF-Alpha-Blockern (Adalimumab oder Etanercept) behandelt wurden. Die Tofacitinib-Patienten erkrankten häufiger an (Lungen-) Krebs als Betroffene in der Vergleichsgruppe. Außerdem traten bei ihnen öfters schwere "herzbezogene" Ereignisse auf – vor allem Herzinfarkte. Das war unabhängig davon, welche Dosierung sie eingenommen hatten. Es betraf also alle Tofacitinib-Patienten. Xeljanz wird bei Psoriasis arthritis und Rheumatoider Arthritis in einer Dosis von 5 mg zweimal täglich eingenommen. In dieser Gruppe erkrankten 4,2 Prozent der Teilnehmer an Krebs, in der Biologika-Gruppe dagegen 2,9 Prozent. Schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse gab es bei 3,2 Prozent der Tofacitinib-Patienten gegenüber 2,6 Prozent bei den Biologika- Behandelten. Mit einem erneuten „Rote-Hand-Brief“ warnte die Herstellerfirma Pfizer deshalb die Öffentlichkeit im März 2021. Mehrere Warnungen gingen voraus Im März 2019 gab es eine erste Warnung. Die bezog sich in der EU nicht auf Psoriasis arthritis- oder Rheumatoide-Arthritis-Patienten, denn für die ist nur die geringe Dosis zugelassen. In der EU darf die erhöhte Dosierung (2-mal je 10 mg pro Tag) nur bei Colitis ulcerosa angewendet werden. Bei dieser Dosis kam eine Lungenembolie 5-mal häufiger vor und es starben mehr Studienteilnehmer daran als in der Vergleichsgruppe. Das Fazit schon "damals": Patienten und Ärzte sollten vorsichtshalber bei allen mit Tofacitinib Behandelten auf Zeichen und Symptome von Lungenembolie achten. Im Mai 2019 wurde genau aufgeführt, welche Patienten nicht mit der höheren Dosis behandelt werden dürfen – nämlich alle Patienten mit Herzschwäche Blutgerinnungsstörungen früheren Thrombose-Ereignissen (einschließlich Lungenembolie) Krebs sowie Risikogruppen (Raucher, Übergewichtige, Senioren und Bewegungsarme). Außerdem gehören Frauen dazu, die „die Pille“ einnehmen. Im Oktober 2019 riet der Sicherheitsausschuss (PRAC) der europäischen Zulassungsbehörde (EMA), das Präparat deshalb mit Vorsicht anzuwenden. Im März 2020 wurden die Warnungen erneut präzisiert: Wiederum ging es um Rheuma-Patienten, die die in der EU nicht erlaubte höhere Dosis bekommen. Bei denen wurden nicht nur vermehrt Blutgerinnsel in der Lunge festgestellt, sondern es starben auch mehr dieser Patienten daran. Außerdem seien verstärkt tiefe Venenthrombosen aufgetreten. Das „ist nach dem Herzinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste akut auftretende kardiovaskuläre Erkrankung“. Erstmals wurde empfohlen, alle Tofacitinib-Patienten über 65 Jahre möglichst auf ein anderes Mittel umzustellen, denn sie seien zusätzlich infektionsanfälliger und hätten deshalb ein höheres Risiko daran zu sterben. Bisher kein erhöhtes Krebsrisiko beobachtet Professor Burmeister ist ein international anerkannter Rheumatologe von der Berliner Charité. Er weist auf unsere Nachfrage auf die in der Praxis erhobenen Daten hin. Die hätten kein erhöhtes Krebsrisiko von Tofacitinib gegenüber anderen Medikamenten festgestellt. Das bestätigen z.B. 13 Beobachtungsstudien von 2012 - 2018 In den USA gibt es ein Rheuma-Register, das die Daten von über 50.000 Patienten speichert. Die Auswertung von 2012 bis 2019 ergab, dass Tofacitinib-Patienten nicht häufiger an Krebs erkranken würden, als diejenigen, die mit Biologika behandelt wurden. Es fällt schwer zu entscheiden, wie groß das Risiko tatsächlich ist. Beobachtungen und Meldungen an ein Register sammeln die Fallzahlen schwerwiegender Arzneimittelwirkungen von möglichst vielen Patienten in der Praxis. Im stressigen Praxisalltag aber unterlaufen eher Fehler und Schludrigkeiten. Eine wissenschaftliche Studie, die ausdrücklich zur Nachbeobachtung gedacht war, kann dagegen tatsächliche Zusammenhängen exakter erfassen. Siehe auch: „Psoriasis-Register – Sicherheit im Blick“. Aber sie bezieht sich auf deutlich weniger Patienten, als alle bekannten "Real-Word-Studies". Xeljanz-Anwender sollten das Risiko kennen Über das Endergebnis im Februar 2021 hat als erstes das arznei-telegramm berichtet. Schon vor der Zulassung sei aufgefallen, dass es mehr Fälle von Lungenkrebs gegeben habe als bei vergleichbaren Medikamenten. Die EMA hätte das Präparat aus diesem Grund zunächst nicht zugelassen. Der Hersteller Pfizer wurde deshalb von der FDA verpflichtet, eine so genannte „ORAL-Surveillance-Studie“ über fünf Jahre durchzuführen. Die Redaktion des arznei-telegramms hielt die vorliegenden Daten für „bedenklich“. Sie bewertete die Nutzen-Schaden-Bilanz bei allen Erkrankungen, für die der Wirkstoff zugelassen ist, als „negativ.“ Ihr Fazit: JAK-Hemmer sollten nicht mehr neu verschrieben werden. Wer bisher damit behandelt wurde, sollte über die Risiken aufgeklärt und möglichst auf einen anderen Wirkstoff umgestellt werden. Wenn es sich bestätige, dass auch unter der niedrigen Dosierung häufiger Patienten sterben, müsse der Wirkstoff Tofacitinib vom Markt genommen werden. Im Gegensatz zur ersten Reaktion des arznei-telegramms hat der EMA-Sicherheitsausschuss (PRAC) dann im Juni 2021 nur für die oben genannten Personengruppen vor Tofacitinib gewarnt. Alle anderen würden keine höheren Risiken eingehen. Was tun als Patient? Diejenigen, die weiterhin mit diesem Wirkstoff behandelt werden, sollten gemeinsam mit dem Arzt besprechen, was regelmäßig zu kontrollieren ist. Es kommt darauf an, erste Anzeichen von Lungenkrebs, Lungenembolie, Venenthrombose oder Herzinfarkte zu erkennen. Auch sollte regelmäßig eine Krebsvorsorge durchgeführt werden. Alles, was bisher bekannt geworden ist, verunsichert vermutlich nicht nur Patienten. Mögliche schwerwiegende bis tödliche Folgen gehen über das hinaus, was von anderen Präparaten gegen chronisch-entzündliche Gelenkerkrankungen bekannt ist. Es ist vermutlich überwiegend die typische Zielgruppe des Wirkstoffs, die jetzt darauf verzichten soll. Es ist eher unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen, dass in Zukunft weitere Risikogruppen bekannt werden. Unwahrscheinlich, weil das Präparat Xeljanz in den USA seit 2012, in der Schweiz seit 2013 und in der EU seit 2017 zugelassen ist. Möglich, weil es bei jedem Medikament Langzeitwirkungen geben kann, die sich erst nach sehr langer Zeit zeigen. Tipps zum Weiterlesen EMA startet Sicherheits-Review zu Januskinase-Hemmern (Pharmazeutische Zeitung, Februar 2022) FDA: Xeljanz® (Tofacitinib): Erhöhtes Risiko für schwerwiegende kardiale Ereignisse sowie Tumore (Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheken (AMK) Tofacitinib: Nutzen-Schaden-Verhältnis sorgsam abwägen! Deutsche Apotheker Zeitung (DAZ) Bei Xeljanz auf die Lunge achten Xeljanz – was ist das und wie wird es angewendet
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