Im Winter 2015/16 konnten Leser des Psoriasis-Netzes sich wieder an einem Produkttest beteiligen. Auf Wunsch des Anbieters haben wir ausnahmsweise ein Doppelpack an die Tester geschickt: Die "noreiz-Intensiv-Salbe" und das "noreiz-Akut-Spray". Insgesamt antworteten am Ende 15 Nutzer auf die Abschluss-Fragerunde, nachzulesen in unserem Forum.
Der Geruch beider Produkte hat die große Mehrheit (9) nicht gestört. Angenehm fanden ihn 5 bei der Salbe bzw. 4 beim Spray. Einzelne haben bei beiden überhaupt nichts gerochen.
Eine Salbe zieht normalerweise immer langsamer ein, als ein Spray. Dazu meinten 6 Tester, ihre Einzugszeit sei ausreichend. Ebenso viele fanden aber, die Salbe würde schnell (3) oder sogar sehr schnell (3) einziehen. Wie zu erwarten, waren beim Spray fast alle der Meinung, es ziehe schnell (6) bzw. sehr schnell (8) ein.
Auf die Frage, wie ergiebig die standardmäßig angebotene Menge ist, antworteten fast alle mit gut (11 bei der Salbe, 10 beim Spray) oder sogar sehr gut (3 bei der Salbe, 4 beim Spray).
Bis auf eine Person haben alle die Produkte sehr gut (10 die Salbe, 9 das Spray) bzw. gut (4 die Salbe, 5 das Spray) vertragen.
noreiz und der Juckreiz
Wesentlich war, wie schnell die Produkte bei den Testern auf den Juckreiz gewirkt haben. Dabei gab es bei der Salbe einen Gleichstand von Pro und Contra: So meinten 6, der Juckreiz würde nur langsam verschwinden. Genauso viele fanden dagegen, er würde schnell (4) bzw. sehr schnell (2) vergehen. Nur 3 meinten, der Juckreiz verschwinde mit der Salbe gar nicht. Besser dagegen wurde das Spray bewertet: Zweidrittel fanden, der Juckreiz würde damit schnell (6) oder sehr schnell (4) verschwinden, Eindrittel (5) meinten nur langsam. Niemand hatte das Gefühl, dass das Spray überhaupt nicht auf den Juckreiz wirkt.
Genauso interessant war zu erfahren, wie lange der Effekt anhält. Bei beiden Produkten gab es auch in diesem Punkt ein Unentschieden. So meinte praktisch die Hälfte, der Juckreiz komme schnell wieder (7 bei der Salbe, 8 beim Spray), die andere Hälfte, er bleibe eine zeitlang weg (7 bei der Salbe, 7 beim Spray). Nur ein Tester meinte, bei der Salbe bliebe der Juckreiz längere Zeit weg.
Rötungen blieben meist auch mit noreiz
Ähnlich sah es bei der Frage aus, ob die Produkte die Rötung durch die Psoriasis verschwinden lassen würden. Bei den meisten blieb sie überwiegend bestehen (Salbe: 7, Spray:8) oder verschwand nur ein wenig (Salbe: 7, Spray:6). Nur bei einer Testerin haben beide Produkte die Rötung verblassen lassen.
Als letztes sollten die Tester beantworten, ob sie anderen Psoriatikern raten würden, die Produkte auszuprobieren. Die Mehrheit würde beide nur bedingt weiter empfehlen (Salbe: 9, Spray: 10). Überhaupt nicht empfehlen würden sie 4. Dagegen würden 2 Tester das Spray und 1 die Salbe weiter empfehlen.
Kommentar
Eindeutig hatten alle den Eindruck, dass die „noreiz“-Produkte den Juckreiz lindern würden. Das Spray wurde besser bewertet als die Creme. Manche mussten mehrmals sprühen, bis das Jucken verschwand. Ein Patt gab es aber bei der Einschätzung, wie schnell der Effekt eintritt und wie lange er anhalten würde. Die Teilnehmer berichteten, zwischen 10 Sekunden, einer Stunde, aber auch einer halben Nacht juckfrei gewesen zu sein. Die enttäuschte Erwartung ist vermutlich der wesentliche Grund, weshalb die Mehrheit die „noreiz“-Produkte nur eingeschränkt weiter empfehlen würden. "noreiz" hat nicht bei allen Testern wie erhofft gewirkt.
noreiz ist ein Cosmeceutical
Das ist typisch für Produkte, die über die Pflegeeigenschaft hinaus weitere Effekte versprechen, wie eben den Juckreiz zu bekämpfen. Solche Kosmetika nennt man Cosmeceuticals. Meist beschränkt sich ihre tatsächliche pharmazeutische Wirkung auf leichte Fälle. Doch die Werbung verspricht oft etwas anderes.
Das weckte bei einigen hohe Erwartungen. Sie beteiligten sich am Test, weil sie starken Juckreiz hatten. Ein Tester hat seine Vorstellung so formuliert: „Kurz das Spray gezückt und schon ist der Spuk vorbei“. Aber so ein stark wirkendes Mittel gegen Juckreiz gibt es noch nicht einmal als verschreibungspflichtige Arznei! Gerade beim "Juckreiz" weiß man, dass Einschätzungen immer sehr subjektiv sind: Beim einfachen Ausprobieren eines Produkts werden unterschiedliche Ausgangsbedingungen nicht berücksichtigt. Nur mit Hilfe einer Juckreiz-Skala wäre festzustellen, wie stark und an wie vielen Stellen der Juckreiz bei den einzelnen Testern vor der Anwendung war. Außerdem wird Juckreiz nicht von jedem gleich wahrgenommen. Schließlich gibt es den Placebo-Effekt, wenn eine Wirkung nur glaubwürdig genug versprochen wird.
noreiz pflegt überwiegend gut
Bei allen hatten die „noreiz“-Produkte keinen Einfluss auf die Psoriasis-Stellen. Das hatte der Anbieter aber auch nicht versprochen. Trotzdem hatten es sich einige erhofft und waren enttäuscht. Wir können nur immer wieder dazu aufrufen, sich über echte Behandlungsmöglichkeiten zu informieren. Nicht verschreibungspflichtige Wirkstoffe aus der Naturheilkunde oder in Cosmeceuticals können nach unserer Erfahrung bei leichter Psoriasis wirken, selten bei moderater, aber nie bei schwerer.
Die Pflegeeigenschaft der Salbe wurde überwiegend positiv bewertet: Sie hinterlasse eine weiche Haut. Uneinig war man sich, wie lange das zu spüren sei: Zwischen einer „halben Stunde“ und „noch Stunden danach“ wurde alles genannt. Einig war man sich darin, dass die Salbe nicht anhaltend fettet, so dass man dadurch z.B. Kleidung verschmutzt. Das Spray wird als angenehm kühlend empfunden. Es lasse sich gut verteilen, hinterlasse keinen Fettfilm und pflege gut.
Gelobt wurde, dass man mit der Verschluss-Spitze die Tube aufsticht. Für Patienten mit Gelenk-Psoriasis sei es nämlich mühsam, bei anderen Produkten die winzige Alu-Verschlussfolie zu entfernen. Mehrere Tester hatten Probleme, die Salbe aus der Tube heraus zu bekommen. Das lag entweder an der Temperatur der Salbe, die nicht zu kalt sein dürfe. Einige haben sie deshalb vor Gebrauch angewärmt. Oder es lag daran, dass Tester wegen ihrer Psoriasis Arthritis nicht so viel Kraft in den Händen hatten.
Aber der Preis...
Bei einigen kam beim ersten Gebrauch ein gelbliches Öl aus der Tube. Auch die Schutzkappe der Spraydose bekamen nicht alle leicht ab. Eine Testerin meinte, aus der Spraydose käme zu viel Flüssigkeit heraus, die daneben gehe.
Eine andere Testerin wies darauf hin, dass die Produkte das Konservierungsmittel Phenoxyethanol enthalten, das sie nicht vertrage. Grundsätzlich gilt das Mittel als gut verträglich. Es gibt aber Menschen, die darauf allergisch reagieren. Nur die müssen es meiden. Es sollte weder verschluckt noch in die Augen gerieben werden. In der Naturkosmetik wird es nicht verwendet.
Obgleich fast alle Tester die „Ergiebigkeit“ der Produkte positiv bewertet hatten, war aus den Kommentaren nicht herauszulesen, worauf sich dieses Urteil bezog: Auf die Anwendung beim Juckreiz (punktuell) oder bei der Pflege (großflächig). Einige bemängelten, die Menge in der Tube (30 ml) und im Spray (50 ml) sei für eine regelmäßige Hautpflege viel zu wenig. Als reine Pflegeprodukte seien sie deshalb zu teuer.
Schließlich kritisierte ein Tester, dass nicht darauf hingewiesen werde, wie lange die Salbe verwendet werden könne, wenn sie einmal geöffnet ist. Das entsprechende Kennzeichnungssymbol fehle. Außerdem bemängelte er auf der Internetseite des Anbieters, dass die Inhaltsstoffe nicht vollständig gemäß INCI aufgeführt werden.
Begeisterte Kundenzuschriften sind kein Wirkungsnachweis
Die getesteten Produkte gehören zu der Gruppe der Cosmeceuticals. Solche „Kosmetika mit Doktorfaktor“ (ÖKOTEST) versprechen zum Beispiel die Haut zu entfetten, Altersfalten zu beseitigen, Juckreiz zu lindern, das Bakterium Staphylococcus aureus zurückzudrängen oder Bindegewebe neu zu bilden. Solche Aussagen müssen aber nicht durch placebo-kontrollierte und randomisierte Studien nachgewiesen werden. Sie können also objektiv nicht nachgeprüft werden. Die Anbieter sollten deshalb schon in eigenem Interesse, um ihre Glaubwürdigkeit zu beweisen, unabhängige wissenschaftliche Studien vorlegen. Das forderten Derma-Pharmazeuten auf ihrer Jahrestagung 2016.
Der (im typischen Denglisch verfasste) Name „noreiz“ enthält das Versprechen, mit diesem Präparat würde es keinen Juckreiz mehr geben. Der Anbieter verspricht das ausdrücklich für die Neurodermitis (Atopische Dermatitis). Bei seiner Bitte an uns, die Produkte testen zu lassen, verwies er auf „zahlreiche positive Rückmeldungen auch von Psoriasis-Patienten“.
Auf der eigenen Internetseite beruft sich der Anbieter auf die Forschungsergebnisse von Professor Axel Kramer (Greifswald) mit Thiocyanat. In einem Interview erklärt er ausführlich, wie der Stoff positiv auf die typische Hautbarriere-Schädigung der Neurodermitis einwirkt. Obgleich das Video den Titel trägt „Wie Thiocyanat es schafft, den Juckreiz unmittelbar zu stoppen“, sagt Professor Kramer kein Wort zum Thema „Juckreiz“. Nur indirekt kann man daraus schließen, dass weniger Neurodermitis auch weniger Juckreiz bedeutet.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen darüber, wie Thiocyanat genau auf welchen Juckreiz wirkt, werden nicht angeführt. Stattdessen wird auf begeisterte Kundenzuschriften verwiesen. Das sind aber keine seriösen, nachprüfbaren Daten.
Psoriatiker haben, anders als Neurodermitiker, keine gestörte Hautbarriere. Bei ihnen kommt die Entzündung von innen. Bisher wurden Pflegeprodukte oder Rezepturen mit juckreiz-stillenden Wirkstoffen wie Polidocanol, Palm-Itoyl-Ethanolamin (PEA), Menthol oder Kampfer angeboten. Leichter und nicht ausgeprägter Juckreiz kann damit kurzfristig meist eingedämmt werden.
Gegen chronischen Juckreiz (Pruritus) sind Cosmeceuticals zu schwach. Pruritus ist bisher ein sehr schwer zu behandelndes Symptom. Es gibt in Deutschland dagegen noch keinen zugelassenen Wirkstoff, obgleich Hoffnung besteht.
Noch ein Tipp
Wir bieten immer wieder mal solche Produktetests an – exklusiv für registrierte Nutzer. Dazu schicken wir einen Newsletter herum, wenn ein neuer Produktetest startet. Wer darüber informiert werden will, kann das in seinen Newsletter-Einstellungen tun.
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