Eine innerliche – so genannte systemische – Therapie ist bei einer mittelschweren, vor allem aber bei einer schweren Schuppenflechte nötig, um die Folgen der stetigen Entzündung zu lindern oder zu vermeiden. Manche der innerlichen Medikamente wirken recht allgemein im gesamten Körper, andere regulieren nur an bestimmten Stellen im Körper das Nötige.
Nutzen und Risiko müssen sorgfältig abgewogen werden, zumal gewisse Vorerkrankungen eine solche Behandlung ausschließen.
Methotrextrat – MTX
MTX ist eines der am längsten eingesetzten innerlichen Mittel für die Therapie der Schuppenflechte und der Gelenk-Psorisis. Im Gegensatz zu anderen innerlichen Medikamenten dauert es 14-16 Wochen, bis MTX seine volle Wirkung entfaltet. Es können die unterschiedlichsten, teilweise auch schweren Nebenwirkungen auftreten. Ärzte haben aber inzwischen sehr viel Erfahrung im Umgang mit dem Wirkstoff. Viele Befürchtungen, vor allem in Bezug auf die erhöhten Leberwerte, haben sich im Laufe der Zeit als übervorsichtig erwiesen.
MTX gibt es als Injektion (Spritze oder Pen) oder als Tablette und wird nur einmal wöchentlich angewendet. Die Injektion wirkt bei der Psoriasis vulgaris (also auf der Haut) deutlich besser. Der Wirkstoff wird außerdem zur Behandlung der Psoriasis Arthritis eingesetzt. MTX kann bei einer hartnäckigen Psoriasis mit anderen Therapien kombiniert werden, z.B. mit UV-Phototherapie, Dithranol oder dem Biologikum Etanercept, um die Wirkung zu verstärken. Obgleich die Haut bei der Kombination von MTX und Phototherapie empfindlicher auf die Strahlung reagiert, wird damit nicht das Hautkrebsrisiko erhöht (Prof. Martin Röcken, DDG-Tagung 2017)
Eine der häufigste Nebenwirkung bei MTX können erhöhte Leberwerte sein. Deshalb sollte frühestens 24 Stunden nach MTX-Gabe eine Folsäure-Tablette (5 mg) eingenommen werden, damit die Leber den Wirkstoff besser verträgt. Inzwischen gibt es unter MTX deutlich weniger Lebererkrankungen (Hepathopathie) als anfangs befürchtet – dank regelmäßiger Kontrollen. MTX-Patienten sollten auf „P III NP“ (Prokollagen-III-Peptid) getestet werden. Diese Laborleistung wird bundesweit 2 x im Jahr von den Krankenkassen bezahlt. Außerdem soll beobachtet werden, wie stark die Lymphozyten-Anzahl unter MTX fällt. Bei einem zu starken Abfall muss das Medikament abgesetzt werden. Die früher übliche Leber-Biopsie wird nicht mehr gemacht, weil die Werte zu unzuverlässig waren. Ebenfalls als überholt gilt die Annahme, dass es eine Gesamtdosis von Methotrexat gibt, die ein Patient im Leben nicht überschreiten darf.
Sehr häufig kann es vorkommen, dass unter MTX die Nierenfunktion eingeschränkt wird. Deshalb sollten ältere Menschen niedrigere MTX-Dosierungen bekommen.
Es gibt kein erhöhtes Missbildungs-Risiko, wenn ein Mann unter laufender MTX-Therapie ein Kind gezeugt hat. Das ist absolut kein Abtreibungsgrund. Frauen dagegen müssen unbedingt verhüten und drei Monate vor der Zeugung mit MTX aussetzen; sicherer sind sechs Monate.
Nicht für jeden Psoriasis-Patienten ist MTX geeignet: Wer schon eine "Vorerkrankung" an Leber oder Niere hat, sollte nicht damit behandelt werden. Vorsicht auch bei Diabetes, Magen- und Darm- oder bestimmten Herzkrankheiten.
MTX kann dann dauerhaft als Langzeit-Therapie eingesetzt werden, wenn es gut wirkt und vertragen wird. Wenn es abgesetzt wird, verschlechtert sich die Psoriasis nach zwei bis sechs Monaten erst einmal.
Bekannte Präparate: Lantarel, Metex
Vitamin-A-Abkömmlinge – Retinoide
Großflächige Formen sprechen gut auf diese Präparate, vor allem aber die pustulöse Form der Schuppenflechte an Handflächen und Fußsohlen. Auch hier sind regelmäßige Überprüfungen von Fettstoffwechsel und Leberfunktionen notwendig und Frauen dürfen während und zwei Jahre nach der Behandlung auf gar keinen Fall schwanger werden. Wegen der potenziellen Leberschädigenden Auswirkungen ist Alkohol während der Behandlung tabu. Insbesondere bei den hohen, effektiven Dosierungen kommt es leider häufig zu starken Nebenwirkungen, insbesondere zu extrem trockenen Schleimhäuten. Aber: Durch eine gleichzeitige UV-Behandlung kann die Dosis in einen Bereich verkleinert werden, wo die Nebenwirkungen kaum noch der Rede wert sind. Außerdem sind Retinoide gut kombinierbar mit PUVA, Kortison- oder Vitamin D3-haltigen Salben. Als alleinige Therapie beziehungsweise als Therapie bei gebärfähigen Frauen wird eine Behandlung mit Retinoiden allerdings nicht empfohlen.
Präparat: Neotigason
Ciclosporin
Eigentlich gedacht für Organtransplantationen, um die Abstoßungsreaktionen zu vermeiden, wurde der Wirkstoff 1993 für Schuppenflechte zugelassen. Ciclosporin eignet sich vor allem für ausgedehnte Formen vom chronisch-stationären Typ, wenn andere Mittel versagen. Versagen können allerdings auch die Nieren, in die Höhe schießen kann der Blutdruck - weshalb geraten wird, regelmäßige Kontrollen durchzuführen und das Medikament nicht länger als sechs Monate einzunehmen. Eine Schwangerschaft sollte ausgeschlossen werden. Außerdem verträgt sich der Ciclosporin mit vielen anderen Wirkstoffen nicht, weshalb man unbedingt auf die Wechselwirkungen achten sollte – sofern weitere Medikamente eingenommen werden. Kombinationen mit lokalen Anwendungen wie Calcipotriol oder Kortison hingegen können die notwendige Dosis verringern. Auch zusammen mit UV-Behandlungen wurden gute Ergebnisse erzielt, wovon inzwischen allerdings abgeraten wird. Denn Ciclosporin erhöht ohnehin die Neigung zu oberflächlichen Hauttumoren. Trotz der teils beträchtlichen und dosisabhängigen Nebenwirkungen gehört Ciclosporin immer noch zu den wirksamsten Therapieoptionen bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris.
Präparate: Sandimmun optoral, Sandimmun Neoral, Immunosporin
Fumarate – Fumarsäureester
Auch dieses Präparat ist schweren Formen der Psoriasis vulgaris vorbehalten. Häufigste Nebenwirkung ist ein sogenannter Flush - Gesichtsrötung und Hitzegefühl. Zudem drohen Übelkeit, Durchfälle und Magenkrämpfe. Eine langsame Dosissteigerung hilft, solche Nebenwirkungen einzudämmen. Im Laufe der Therapie sollen diese aber meist abnehmen. Ansonsten ist die Substanz recht ungefährlich, starke Nebenwirkungen wie bei anderen systemischen Therapien sind nicht zu erwarten – selbst bei längerfristigem Gebrauch. Übereinstimmend zeigten alle Studien, dass sich binnen drei bis vier Monaten mehr als die Hälfte der Behandelten über eine Reduktion des PASI um 75% freuen durfte. Noch bessere Wirkung erzielt man, wenn die Haut zusätzlich mit lokal wirkenden Salben oder Cremes behandelt wird.
Präparat: Fumaderm, Fumaderm initial, Skilarence
Kortison
Kortison wirkt besonders bei akuten Schüben meist schnell. Nachteil ist, dass die Schuppenflechte nach dem Absetzen rasch und oft stärker als zuvor wieder ausbricht. Überhaupt ist eine innerliche Kortison-Anwendung nur noch kurzfristig in Notfällen angeraten. In der „Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris“ von 2011 taucht eine innerliche Behandlung mit Kortison erst gar nicht auf.
Apremilast
Der Wirkstoff Apremilast kümmert sich um das Enzym PDE4. Das ist in Immunzellen aktiv, die gerade vermehrt entzündungsfördernde Botenstoffe bilden. Das Enzym unterdrückt, dass in diesen Immunzellen entzündungshemmende Botenstoffe gebildet werden. Apremilast klammert sich an das Enzym und hindert es an der Arbeit.
Präparat: Otezla
Biologics – die neuen Medikamente
Die recht neuartigen Biologics sind Eiweiße, die ebenfalls gegen die überschießende Immunabwehr bei der Psoriasis wirken und so die Entzündungen hemmen. Den bisherigen Studien zufolge handelt es sich um hochwirksame Behandlungsoptionen, die allerdings sehr teuer sind. Daher werden sie für Patienten vorbehalten, bei denen PUVA, MTX oder Ciclosporin nicht wirken oder aus anderen Gründen nicht angewendet werden dürfen. Gegenanzeigen der Biologics sind schwere Herzinsuffizienz, Tuberkulose, Schwangerschaft und Stillzeit. Außerdem empfehlen Experten, wie bei allen systemischen Therapien, regelmäßige Kontrollen gewisser Laborwerte wie etwa das Blutbild, meist Leber- und Nierenwerte sowie Anzeichen, die auf eine Infektion im Körper hindeuten. Als Nebenwirkungen drohen meist lokale Reaktionen, Infektionen, manchmal auch Infusionsreaktionen auf die Spritze wie Flush (Roter Kopf), Übelkeit, Kopfschmerzen oder Frösteln.
Nachdem Efalizumab (Raptiva) 2009 wegen eines erhöhten Risikos einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (Erkrankung des Zentralen Nervensystems) vom Markt genommen wurde, sind inzwischen mehrere Wirkstoffe in Deutschland zugelassen:
Adalimumab
Der Wirkstoff wurde 2005 für Psoriasis arthritis und seit 2007 für Plaque-Psoriasis eingeführt. Laut Richtlinie handelt es sich in der Induktionstherapie um eines der wirksamsten Medikamente zur Behandlung der Psoriasis vulgaris, das sogar zur Langzeittherapie geeignet ist. Dreiviertel der Studienteilnehmer erreichten unter Adalimumab binnen 16 Wochen eine Verbesserung des PASI um 75%.
Eingesetzt wird der Wirkstoff bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis, aber eben nur, wenn andere Optionen nicht fruchten. Die Injektion erfolgt einmal wöchentlich, später alle zwei Wochen. Doch Vorsicht: Bis zu fünf Monaten nach Behandlung sollte eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden, weil man über eventuelle Komplikationen noch nichts weiß.
Als Nebenwirkungen treten manchmal Reaktionen an der Injektionsstelle auf, schwere Infektionen, Haarausfall oder Autoimmunphänomene. Vorteil: Die Injektion ist sehr einfach durchführbar und kann vom Patient selbst gesetzt werden.
Bekanntes Präparat: Humira
Brodalumab
Brodalumab hat das Interleukin-17 im Fokus. Das sorgt dafür, dass die Produktion von Hautzellen (Keratinozyten) angekurbelt wird und Entzündungen entstehen. Der Wirkstoff Brodalumab blockiert die Stellen, an denen IL-17 andocken will (Rezeptoren).
Bekanntes Präparat: Kyntheum
Etanercept
Etanercept ist seit 2002 für Psoriasis Arthritis zugelassen, seit 2004 für Psoriasis vulgaris und seit 2008 sogar für die Behandlung von Kindern. Etanercept wirkt nicht ganz so gut wie Adalimumab: bei der höchsten Dosis (2*50 mg) konnte bei etwa der Hälfte der Patienten ein Rückgang des PASI um 75 % beobachtet werden. Auch diese Spritzen kann sich der Patient selber geben. Wichtig ist, dass der Wirkstoff kühl lagern muss (bei 2-8° Celsius).
Bekanntes Präparat: Enbrel
Guselkumab
Dieser Wirkstoff ist eine Art Weiterentwicklung. Er richtet sich gegen das Interleukin 23. Vom gleichen Hersteller stammt Stelara, das sich gegen IL-12 und 23 richtet. Im Laufe der Zeit hatten Forscher beobachtet, dass IL-23 als "Angriffsziel" auch reicht, und so entstand Guselkumab.
Bekanntes Präparat: Tremfya
Infliximab
Die Infusion wird seit 2005 bei Psoriasis vulgaris eingesetzt. Die Wirkung tritt sehr schnell ein, bereits nach ein bis zwei Wochen. Infliximab zeigt etwa die gleiche Wirksamkeit wie Adalimumab. Im Gegensatz zu Adalimumab muss der oder die Patient/in allerdings nach der Infusion noch einige Stunden in der Arztpraxis verharren, um Komplikationen auszuschließen. Die als Nebenwirkung drohenden Infektionen können bisweilen sehr schwer ausfallen. Deshalb sollten eventuelle Entzündungsherde im Körper sowie andere Vorerkrankungen unbedingt ausgeschlossen werden.
Dennoch steht für die Experten außer Frage, dass Infliximab in der Induktionstherapie derzeit eines der wirksamsten Medikamente zur Behandlung der Psoriasis vulgaris ist und außerdem lange Zeit angewendet werden darf.
Bekanntes Präparat: Remicade
Ixekizumab
Der Wirkstoff Ixekizumab kam im Jahr 2017 auf den Markt. Auch dieses Medikament ist ein sogenanntes Biologikum. Es verrichtet seine Arbeit am Interleukin-17.
Bekanntes Präparat: Taltz
Risankizumab
Der Wirkstoff Risankizumab ist seit dem Jahr 2019 auf dem Markt. Es handelt sich dabei um ein Biologikum, das am Interleukin-23 ansetzt.
Bekanntes Präparat: Skyrizi
Ustekinumab
Ustekinumab ist seit 2009 auf dem Markt. Im Gegensatz zu den anderen Biologics scheint es hier kein stark erhöhtes Risiko für Infektionen zu geben, dennoch sollten bereits bestehende Infektionen vor der Behandlung ausgeschlossen werden. Auch andere Nebenwirkungen wie etwa Kopfschmerzen oder Atemwegsinfektionen lagen bei Studien im Bereich der Placebogruppe (Studienteilnehmer, die zum Vergleich mit Infusionen ohne Wirkstoff behandelt wurden).
Bekanntes Präparat: Stelara
Secukinumab
Der Wirkstoff Secukinumab ist im Jahr 2015 für die Behandlung der Psoriasis zugelassen worden, und das sogar als so genannte Erstlinientherapie. Das heißt, er darf auch als erstes innerliches Medikament verschrieben werden, ohne dass vorher andere derartige Mittel mit MTX oder Fumaderm angewendet worden sein müssen. Und: Die Rate derjenigen, die mit Secukinumab eine Verbesserung ihrer Schuppenflechte erzielten, ist sehr hoch. Aber: Mit den "alten" Arzneimitteln haben Ärzte und Patienten jahre- und jahrzehntelange Erfahrung im Einsatz, die mit Secukinumab erst noch gesammelt werden muss.
Bekanntes Präparat: Cosentyx
Tipps zum Weiterlesen
Biologika: Schwere Geschütze gegen schwere Krankheiten
(Deutschlandfunk, Radiolexikon Gesundheit, 21.05.2019)
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