Am Donnerstagabend verkündete die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), welche Projekte in den nächsten Jahren mit viel Geld gefördert werden. Auch in der neuen Förderrunde für sogenannte Exzellenzcluster sind Projekte aus der Psoriasis-Forschung dabei.
Wer an Psoriasis leidet, weiß, wie sehr diese chronische Hautkrankheit den Alltag beeinflussen kann. Die Symptome sind nicht nur äußerlich sichtbar, sondern belasten oft auch das Selbstbewusstsein und die Lebensqualität. Viele Betroffene fragen sich: Wann gibt es endlich noch bessere Therapien? Wie entstehen eigentlich neue Medikamente? Und warum dauert das alles so lange?
Ein entscheidender Motor für Fortschritte in der Behandlung von Psoriasis sind große Forschungsverbünde, sogenannte Exzellenzcluster, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert werden. In diesen Clustern arbeiten Wissenschaftler aus verschiedenen Disziplinen eng zusammen, um die Ursachen und Mechanismen von Krankheiten wie Psoriasis besser zu verstehen – und daraus neue Therapien zu entwickeln.
Was sind Exzellenzcluster überhaupt?
Exzellenzcluster sind große, meist an Universitäten angesiedelte Forschungsverbünde, die von der DFG und den Bundesländern mit besonders viel Geld gefördert werden. Die Idee dahinter: Wenn viele kluge Köpfe aus verschiedenen Fachrichtungen gemeinsam an einem Thema arbeiten, geht die Forschung schneller voran und die Ergebnisse sind besser. In Deutschland gibt es immer wieder Ausschreibungen, bei denen Universitäten ihre besten Ideen einreichen – und nur die überzeugendsten Cluster werden dann ausgewählt und für mehrere Jahre gefördert.
Für die Psoriasis-Forschung besonders wichtig waren und sind die Cluster aus Norddeutschland: zuerst der Exzellenzcluster „Entzündungsforschung an Grenzflächen“ (Inflammation at Interfaces, 2007–2018) und aktuell noch der Nachfolger „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI, seit 2019).
Der Exzellenzcluster PMI wird gemeinsam von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Universität zu Lübeck (als Mitantragstellerin) getragen. Die Forscher erhalten nun in der Wettbewerbsrunde der Exzellenzstrategie erneut eine Förderzusage. Die Förderrunde läuft ab 1. Januar 2026 über sieben Jahre bis Ende 2032. Die beantragte Fördersumme liegt bei fast 70 Millionen Euro.
Dies ist bereits die dritte aufeinanderfolgende Förderzusage für den Cluster bzw. seine Vorgängerinitiativen. Das ist äußerst selten und kann als Beleg für die exzellente Forschung und erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit verstanden werden.
Warum ist Psoriasis ein Thema für die Spitzenforschung?
Psoriasis ist viel mehr als „nur“ eine Hautkrankheit. Sie ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, bei der das Immunsystem fehlgeleitet ist und die Haut angreift. Außerdem wissen wir heute, dass Menschen mit Psoriasis ein erhöhtes Risiko für andere Krankheiten haben, zum Beispiel für Gelenkentzündungen (Psoriasis-Arthritis), Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Das macht die Erforschung dieser Krankheit besonders spannend – und wichtig.
Die Exzellenzcluster in Norddeutschland haben sich darauf spezialisiert, die Entstehung und den Verlauf chronisch-entzündlicher Erkrankungen an sogenannten Barriereorganen zu erforschen. Dazu gehören neben der Haut auch der Darm und die Lunge. Die Forscher wollen herausfinden, warum das Immunsystem bei manchen Menschen aus dem Gleichgewicht gerät und wie man diese Prozesse gezielt beeinflussen kann.
Bisherige Erfolge vom Exzellenzcluster im Norden
Die Erfolge der letzten Jahre können sich sehen lassen – auch wenn sie für Außenstehende manchmal unsichtbar bleiben. Hier ein paar Beispiele:
Neue Risikogene entdeckt
Im Rahmen des Exzellenzclusters „Entzündungsforschung an Grenzflächen“ haben Forscher aus Kiel und Lübeck in einer riesigen internationalen Studie zehn neue Risikogene für Psoriasis entdeckt. Das bedeutet: Sie haben Genvarianten gefunden, die das Risiko erhöhen, an Psoriasis zu erkranken. Besonders spannend war die Entdeckung einer Variante im Gen TRAF3IP2, die einen wichtigen Einfluss auf die Krankheitsentstehung hat.
Solche Erkenntnisse sind wichtig, weil sie helfen, die Ursachen der Krankheit besser zu verstehen. Sie zeigen, dass Psoriasis nicht „selbstverschuldet“ ist, sondern eine starke genetische Komponente hat – und dass man gezielt nach neuen Therapien suchen kann, die genau an diesen molekularen Schaltstellen ansetzen.
Neue Medikamente – auch als Tablette
Ein weiteres Highlight: Die Entwicklung und klinische Erprobung neuer Medikamente, die gezielt in die Entzündungsprozesse eingreifen. Ein Beispiel ist das neue Medikament mit dem Wirkstoff Icotrokinra, das auf den Botenstoff Interleukin-23 (IL-23) abzielt und erstmals als Tablette eingenommen werden kann. In einer klinischen Studie, an der auch Patienten aus Schleswig-Holstein teilgenommen haben, zeigte das Medikament eine sehr gute Wirksamkeit bei Psoriasis – und das bei geringen Nebenwirkungen. Die Ergebnisse wurden sogar im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht.
Für viele Betroffene ist das eine echte Hoffnung: Während viele moderne Biologika (z. B. Antikörper-Therapien) bisher nur als Spritze verabreicht werden können, könnte es in Zukunft auch wirksame Tabletten gegen Psoriasis geben.
Personalisierte Medizin
Die Forscherinnen im Exzellenzcluster PMI arbeiten daran, die Behandlung von Psoriasis immer individueller zu machen. Das Ziel: Nicht mehr „one size fits all“, sondern Therapien, die genau zu den jeweiligen Patientinnen passen. Dafür werden große Mengen an Daten ausgewertet – von genetischen Informationen über Blutwerte bis zu klinischen Symptomen. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz und modernen Analysemethoden sollen so Biomarker gefunden werden, die vorhersagen, welche Therapie bei wem am besten wirkt.
Exzellenzcluster auch an anderen Universitäten
ImmunoSensation3 ist ein weiteres Projekt mit Bezug zu immunologischer Forschung, das als Exzellenzcluster weiter gefördert wird. Das Exzellenzcluster widmet sich der Erforschung der Vielfalt des Immunsystems – der sogenannten Immundiversität. Das Immunsystem ist bei jedem Menschen einzigartig und verändert sich im Laufe des Lebens. Diese Unterschiede beeinflussen, wie wir auf Krankheitserreger, Entzündungen oder auch auf Therapien reagieren. ImmunoSensation3 bringt über 80 Forschungsgruppen aus Immunologie, Neurowissenschaften, Systembiologie und weiteren Disziplinen zusammen, um die individuellen Unterschiede im Immunsystem zu entschlüsseln. Ziel ist es, besser zu verstehen, warum manche Menschen anfälliger für chronische Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen sind – und wie sich daraus künftig personalisierte Therapien und Präventionsstrategien entwickeln lassen. Die Ergebnisse könnten langfristig auch die Behandlung und Vorbeugung von Erkrankungen wie Psoriasis beeinflussen, indem sie helfen, maßgeschneiderte Therapien für einzelne Patienten zu entwickeln
Neu ist ein Projekt namens ImmunoPreCept. Darin wollen Berliner Forscher herausfinden, was uns gesund hält – auf zellulärer und molekularer Ebene. Sie wollen verstehen, welche biologischen Prozesse den menschlichen Körper gesund halten – und was diese aus dem Gleichgewicht bringt. Dazu analysieren sie zelluläre Signalwege, also die Kommunikation in und zwischen den Zellen in Geweben. Langfristig sollen individuelle präventive Behandlungsansätze entstehen, die Krankheiten verhindern, schon bevor erste Symptome auftreten.
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