Vielleicht kennst du das: In der Woche vor deiner Periode blühen die Psoriasis-Herde plötzlich auf, während einer Schwangerschaft war deine Haut so gut wie nie, oder seit den Wechseljahren scheint die Erkrankung außer Kontrolle zu geraten. Das ist kein Zufall. Deine Hormone, die chemischen Botenstoffe deines Körpers, haben einen erheblichen Einfluss auf Entzündungsprozesse und damit auch auf deine Schuppenflechte.
Lass uns gemeinsam einen Blick darauf werfen, was in deinem Körper in verschiedenen Lebensphasen passiert und wie du dieses Wissen für dich nutzen kannst.
Die Pubertät: Ein hormoneller Weckruf für das Immunsystem
Die Psoriasis "schläft" bei vielen Menschen als genetische Veranlagung im Körper. Die Pubertät ist eine der häufigsten Phasen, in denen sie "geweckt" wird. Das liegt an der massiven hormonellen Umstellung, die in dieser Zeit stattfindet.
Sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen steigt die Produktion von Geschlechtshormonen (Androgene wie Testosteron und Östrogene) rasant an. Diese Hormonflut ist ein starkes Signal für den gesamten Körper – auch für das Immunsystem. Forscher gehen davon aus, dass diese Signale bei einer entsprechenden Veranlagung die fehlgeleitete Immunreaktion auslösen können, die zu den typischen Entzündungen der Psoriasis führt.
Es ist also ein komplexes Zusammenspiel:
- Die genetische Veranlagung ist die Grundlage.
- Die Hormonumstellung wirkt als starker Trigger oder Auslöser.
- Zusätzlicher Stress, der in der Jugend oft eine große Rolle spielt, kann diesen Prozess durch die Ausschüttung von Stresshormonen wie Cortisol weiter befeuern.
Wenn die Psoriasis also bei dir oder deinem Kind in der Jugend zum ersten Mal aufgetreten ist, ist das ein sehr typischer Verlauf.
Der weibliche Zyklus: Ein monatliches Auf und Ab der Haut
Viele Frauen mit Psoriasis oder Psoriasis arthritis bemerken, dass sich ihre Symptome im Laufe ihres monatlichen Zyklus verändern. Das liegt vor allem am Zusammenspiel der beiden wichtigsten weiblichen Geschlechtshormone: Östrogen und Progesteron.
In der ersten Zyklushälfte (nach der Periode bis zum Eisprung) dominiert das Östrogen. Dieses Hormon hat tendenziell eine entzündungshemmende Wirkung. Viele Frauen erleben in dieser Zeit eine ruhigere Haut und weniger Gelenkbeschwerden.
In der zweiten Zyklushälfte (nach dem Eisprung bis zur nächsten Periode) sinkt der Östrogenspiegel, während das Progesteron ansteigt. Progesteron kann Entzündungsreaktionen im Körper fördern. Deshalb berichten viele von einer deutlichen Verschlechterung ihrer Psoriasis (arthritis) in den Tagen vor der Menstruation. Aber: Jüngere Forschung tendiert dazu, dass Progesteron anti-entzündliche Eigenschaften hat und T-Zell-Proliferation hemmt. Das ist widersprüchlich, aber so ist Wissenschaft.
Hormonelle Verhütung: Die Wirkung von Antibabypillen und anderen hormonellen Verhütungsmitteln ist individuell. Präparate mit einem stabilen, östrogen-ähnlichen Anteil können die Haut bei manchen Frauen verbessern. Andere wiederum reagieren empfindlich auf die enthaltenen Gestagene (synthetische Progesterone), was die Symptome verschlimmern kann. Eine pauschale Empfehlung gibt es hier nicht.
Schwangerschaft: Oft eine Atempause für die Haut
Für viele Frauen ist die Schwangerschaft eine Zeit der Erleichterung. Etwa 40 bis 60 Prozent berichten von einer deutlichen Besserung ihrer Psoriasis. Die Gründe dafür sind vielfältig:
Hoher Östrogenspiegel: Vor allem im zweiten und dritten Trimester ist der Östrogenspiegel sehr hoch, was die entzündlichen Prozesse der Psoriasis unterdrückt.
Natürliches Cortison: Der Körper produziert in der Schwangerschaft vermehrt Cortisol, ein körpereigenes Steroidhormon, das stark entzündungshemmend wirkt – ähnlich wie eine leichte Kortisontherapie.
Anpassung des Immunsystems: Das Immunsystem der Mutter wird während der Schwangerschaft herunterreguliert, um den Fötus nicht abzustoßen. Von dieser "immunologischen Toleranz" profitiert auch die Haut.
Leider gilt das nicht für alle. Ein kleinerer Teil der Frauen erlebt keine Veränderung oder sogar eine Verschlechterung. Nach der Geburt, wenn der Hormonspiegel rapide abfällt, kommt es bei vielen Frauen zu einem erneuten Schub.
Die Wechseljahre (Menopause): Eine Zeit der hormonellen Umstellung
Die Wechseljahre sind eine Lebensphase, die oft übersehen wird, wenn es um Psoriasis geht. Dabei ist sie von großer Bedeutung. Mit dem Nachlassen der Eierstockfunktion sinkt der Östrogenspiegel dauerhaft ab.
Da die schützende, entzündungshemmende Wirkung des Östrogens wegfällt, kann dies zu einer Verschlechterung einer bestehenden Psoriasis oder sogar zum ersten Ausbruch der Krankheit führen. Viele Frauen berichten in dieser Zeit von trockenerer, empfindlicherer Haut und stärkeren Entzündungen.
Die Rolle der männlichen Hormone (Androgene)
Das bekannteste männliche Sexualhormon ist Testosteron. Auch Frauen produzieren es in geringen Mengen. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Testosteron, ähnlich wie Östrogen, entzündungshemmende Eigenschaften hat. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum Männer im Durchschnitt etwas seltener und oft erst später im Leben an Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis erkranken.
Mehr als nur Geschlechtshormone: Schilddrüse und Stress
Dein Hormonsystem ist komplex. Es sind nicht nur die Geschlechtshormone, die deine Psoriasis beeinflussen.
Schilddrüsenhormone: Es besteht ein nachgewiesener Zusammenhang zwischen Psoriasis und Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse (z. B. Hashimoto-Thyreoiditis). Sowohl eine Über- als auch eine Unterfunktion der Schilddrüse kann den Hautzustand negativ beeinflussen. Wenn deine Psoriasis schwer einzustellen ist, kann eine Überprüfung der Schilddrüsenwerte sinnvoll sein.
Stresshormone (Cortisol): Jeder Betroffene kennt den Zusammenhang: Viel Stress führt oft zu einem neuen Schub. Verantwortlich dafür ist das Hormon Cortisol. Kurzfristig wirkt es zwar entzündungshemmend (siehe Schwangerschaft), aber chronischer Stress führt zu einer Dysregulation des Cortisolhaushalts, was Entzündungen im Körper letztlich anfacht und das Immunsystem schwächt.
Was bedeutet das alles für dich? – Praktische Tipps
Dieses Wissen ist kein Schicksal, sondern ein Werkzeug. Hier sind ein paar Dinge, die du tun kannst:
Beobachte deinen Zyklus: Führe ein kleines Tagebuch und notiere, wie sich deine Haut und deine Gelenke in den verschiedenen Zyklusphasen verhalten. Dieses Muster kann dir und deinem Arzt helfen, Schübe besser vorherzusehen.
Sprich mit deinem Gynäkologen: Wenn du über hormonelle Verhütung nachdenkst oder Probleme damit hast, thematisiere deine Psoriasis. Manchmal kann der Wechsel zu einem anderen Präparat einen großen Unterschied machen.
Thematisiere die Wechseljahre: Wenn du in den Wechseljahren bist und eine Verschlechterung bemerkst, sprich mit deinem Hautarzt und Gynäkologen. Eine Hormonersatztherapie kann eine Option sein, die auch positive Effekte auf die Haut haben kann. Dies muss aber sorgfältig abgewogen werden.
Lass deine Schilddrüse checken: Bei unklaren Verschlechterungen oder zusätzlichen Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtsveränderungen oder Haarausfall ist ein Bluttest der Schilddrüsenwerte eine sinnvolle Untersuchung.
Manage deinen Stress: Techniken wie Yoga, Meditation, Sport oder autogenes Training sind keine Esoterik, sondern ein wirksames Mittel, um deinen Cortisolspiegel zu regulieren und so Entzündungsreaktionen zu mildern.
Deine Hormone sind ein Teil von dir – und wenn du ihre Sprache verstehst, kannst du den Umgang mit deiner Psoriasis aktiv mitgestalten.
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