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  • Claudia Liebram
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    Claudia Liebram

    Fatigue bei Psoriasis arthritis: Warum du mehr als nur müde bist und was wirklich hilft

    Für Menschen, die mit Psoriasis arthritis (PsA) leben, ist Müdigkeit oft weit mehr als nur ein Zeichen für eine kurze Nacht. Es ist eine tiefgreifende, anhaltende Erschöpfung, die den Alltag durchdringt und die Lebensqualität massiv beeinträchtigen kann.

    Diese extreme Form der Müdigkeit, in der Medizin auch als Fatigue bezeichnet, ist eines der zentralen und belastendsten Symptome der Erkrankung.

    Anders als alltägliche Müdigkeit, die sich durch Schlaf oder Ruhe bessert, ist Fatigue ein ständiger Begleiter, der sich durch Anstrengung oft noch verschlimmert und die körperliche, geistige und soziale Leistungsfähigkeit raubt. Sie ist nicht einfach nur ein Gähnen, sondern ein anerkanntes Krankheitssymptom, das die täglichen Aktivitäten stört und zu erheblicher Behinderung führen kann.

    Um diesen Zustand zu bewältigen, ist der erste und wichtigste Schritt, seine Ursachen zu verstehen. Denn nur wer die Wurzeln der Erschöpfung kennt, kann gezielt dagegen vorgehen und die richtigen Strategien für mehr Energie im Alltag entwickeln.

    Die Wurzeln der Erschöpfung: Hauptursachen bei Psoriasis arthritis

    Fatigue bei Psoriasis arthritis ist kein einzelnes, isoliertes Problem, sondern das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels verschiedener Faktoren. Um eine wirksame Strategie gegen die Erschöpfung zu entwickeln, ist es entscheidend, diese Treiber zu kennen.

    Studien zeigen, dass vor allem die subjektive Wahrnehmung der Krankheit eine zentrale Rolle spielt. Die drei stärksten Faktoren sind eng miteinander verknüpft:

    • Schmerz und Krankheitsaktivität: Entzündungen in den Gelenken und Schmerzen sind körperlicher Stress. Sie verbrauchen permanent Energie und zwingen den Körper in einen ständigen Kampfmodus. Klinische Messwerte für die Krankheitsaktivität, wie die Anzahl geschwollener Gelenke, hängen daher eng mit dem Ausmaß der Fatigue zusammen.
    • Körperliche Einschränkungen: Wenn die Beweglichkeit durch die PsA eingeschränkt ist, kostet jede Alltagsaktivität mehr Kraft. Dies führt oft in einen Teufelskreis: Die Erschöpfung verleitet zu Inaktivität, was wiederum die körperliche Verfassung (Dekonditionierung) verschlechtert und die Müdigkeit weiter verstärkt. Ein höherer Grad an körperlicher Behinderung ist daher fast immer mit stärkerer Fatigue verbunden.
    • Psychische Belastung: Das Leben mit einer chronischen Krankheit ist eine erhebliche seelische Belastung. Psychischer Stress, Ängste oder depressive Verstimmungen sind nicht nur eine Folge der Erkrankung, sondern auch eigenständige Treiber der Fatigue. Sie rauben mentale Energie und verstärken das Erschöpfungsgefühl.

    Eine entscheidende Erkenntnis ist, dass die messbaren Entzündungszeichen im Blut oft in den Hintergrund treten, wenn man die von Patienten selbst berichteten Schmerzen und körperlichen Einschränkungen berücksichtigt. Für Betroffene bedeutet das: Ihr persönliches Empfinden von Schmerz und Behinderung ist der ausschlaggebende Faktor für die Fatigue – nicht allein das, was Laborwerte zeigen.

    Jede erfolgreiche Behandlung muss daher immer auf diese drei Säulen abzielen: die Kontrolle der Krankheitsaktivität, die Linderung von Schmerzen und die Unterstützung der seelischen Gesundheit. Indem du diese drei Bereiche als die Hauptgegner identifizierst, kannst du deine Energie gezielter einsetzen und gemeinsam mit deinem Arzt eine umfassendere Behandlungsstrategie entwickeln.

    Versteckte Energieräuber: Weitere mögliche Ursachen für Müdigkeit

    Nicht jede Form von Müdigkeit bei Psoriasis arthritis muss direkt von der rheumatischen Entzündung herrühren. Oftmals überlagern sich verschiedene Ursachen und die gezielte Suche nach diesen "versteckten Energieräubern" kann völlig neue Behandlungswege eröffnen.

    Es ist daher strategisch klug, gemeinsam mit deinem Arzt über den Tellerrand der PsA hinauszuschauen und auch andere häufige, aber oft übersehene Faktoren in Betracht zu ziehen.

    Schlafstörungen Nicht nur zu wenig Schlaf, sondern vor allem eine schlechte Schlafqualität führt zu Tagesmüdigkeit. Schmerzen, innere Unruhe, aber auch unbemerkte nächtliche Atempausen (Schlafapnoe) können den Schlaf stören und verhindern, dass er erholsam ist.

    • Anämie und Eisenmangel: Ein Mangel an rotem Blutfarbstoff (Hämoglobin) oder Eisen kann zu Erschöpfung führen. Studien zeigen jedoch, dass der Zusammenhang nicht so stark ist wie oft angenommen, weshalb dies nur selten die alleinige Hauptursache der Fatigue ist. Dennoch sollte es als möglicher Faktor im Rahmen einer Blutuntersuchung überprüft werden.
    • Nebenwirkungen von Medikamenten: Eine Vielzahl von Medikamenten kann als Nebenwirkung Müdigkeit verursachen. Dazu gehören unter anderem bestimmte Blutdrucksenker (z. B. Betablocker), Antihistaminika der ersten Generation (oft in rezeptfreien Schlaf- oder Beruhigungsmitteln enthalten) oder bestimmte Psychopharmaka (Neuroleptika). Ein genauer Blick auf die eigene Medikamentenliste lohnt sich.
    • Psychosozialer Stress und seelische Störungen: Depressionen und Angststörungen gehen fast immer mit starker Müdigkeit einher. Aber auch anhaltender psychosozialer Stress, wie die Pflege von Angehörigen, berufliche Überlastung oder fehlende soziale Unterstützung, sind enorme Energieräuber, die oft unterschätzt werden.
    • Andere chronische Erkrankungen (Komorbiditäten): Begleiterkrankungen können die Fatigue bei PsA erheblich verstärken. Besonders häufig sind hier die Fibromyalgie, ein chronisches Schmerzsyndrom, das selbst von starker Erschöpfung begleitet wird, oder Bluthochdruck.

    Diese Vielfalt an möglichen Ursachen unterstreicht, wie wichtig ein offenes und detailliertes Gespräch mit deinem Arzt ist. Nur so können alle relevanten Faktoren identifiziert und ein umfassender Behandlungsplan erstellt werden.

    Den Teufelskreis durchbrechen: Was du selbst gegen die Müdigkeit tun kannst

    Du kannst die Kontrolle über deinen Energiehaushalt aktiv zurückgewinnen. Auch wenn die medikamentöse Behandlung die Grundlage bildet, zeigen zahlreiche Studien, dass aktive, nicht-medikamentöse Strategien einen erheblichen Unterschied machen können. Diese Ansätze des Selbstmanagements helfen Ihnen dabei, den Teufelskreis aus Erschöpfung und Inaktivität zu durchbrechen und die Regie über deine Energie zu übernehmen.

    Bewegung: Der Schlüssel zu mehr Energie

    Es klingt paradox, aber die am besten untersuchte und wirksamste Strategie gegen krankheitsbedingte Erschöpfung ist körperliche Aktivität. Der Grund liegt im sogenannten Dekonditionierungs-Modell (ein Teufelskreis, bei dem Inaktivität zu einem Abbau der körperlichen Fitness führt, was wiederum die Müdigkeit verstärkt): Anhaltende Müdigkeit führt zu Schonung und Inaktivität. Dies schwächt jedoch den Körper, baut Muskulatur ab und verschlechtert die allgemeine Fitness. Die Folge: Selbst kleine Anstrengungen werden noch anstrengender, was die Müdigkeit weiter verstärkt.

    Regelmäßige, an die eigenen Möglichkeiten angepasste Bewegung durchbricht diesen Kreislauf. Es geht dabei nicht um Hochleistungssport, sondern um moderate, aktivierende Maßnahmen wie Spaziergänge, Radfahren, Wassergymnastik oder leichtes Krafttraining. Ziel ist es, den Körper schrittweise wieder an Belastung zu gewöhnen und die allgemeine Belastbarkeit zu steigern.

    Psychoedukation: Wissen und mentale Stärke nutzen

    Wissen ist Macht – das gilt besonders im Umgang mit einer chronischen Erkrankung. Psychoedukative und psychosoziale Therapien haben nachweislich einen kleinen, aber wichtigen Nutzen im Kampf gegen die Fatigue. In diesen Programmen lernen Betroffene:

    • ihre Erkrankung und deren Symptome besser zu verstehen,
    • wirksame Bewältigungsstrategien (Coping) für Schmerz und Stress zu entwickeln,
    • den Umgang mit den psychischen Belastungen der Krankheit zu verbessern und
    • negative Denkmuster zu durchbrechen.

    Viele Patienten lernen durch einen langen Prozess von "Versuch und Irrtum", mit ihrer Erkrankung umzugehen. Psychoedukative Angebote können diesen Prozess erheblich verkürzen und unterstützen.

    Alltagsstrategien: Energie klug einteilen

    Neben gezielter Bewegung und Wissenserwerb gibt es eine Reihe von praktischen Alltagsstrategien, die helfen, die verfügbare Energie optimal zu nutzen.

    • Pacing (Aktivitätsmanagement): Dieses Konzept beschreibt die bewusste und vorausschauende Einteilung der eigenen Kräfte. Statt an guten Tagen alles auf einmal zu erledigen und danach völlig erschöpft zu sein, geht es darum, Aktivitäten über den Tag und die Woche zu verteilen. Regelmäßige Pausen sind dabei ebenso wichtig wie die eigentlichen Aktivitätsphasen.
    • Schlafhygiene: Guter Schlaf ist essenziell. Dazu gehören regelmäßige Schlafenszeiten, der Verzicht auf Koffein und Alkohol am Abend, eine ruhige und dunkle Schlafumgebung sowie der Verzicht auf Bildschirme (Smartphone, TV) kurz vor dem Zubettgehen.
    • Ernährung: Viele Betroffene haben ein großes Interesse am Thema Ernährung. Auch wenn die wissenschaftliche Evidenz für spezifische Diäten bei Fatigue begrenzt ist, ist eine ausgewogene und gesunde Ernährung grundsätzlich förderlich für das allgemeine Wohlbefinden und die Energiebereitstellung.

    Diese Selbstmanagement-Strategien geben Ihnen wertvolle Werkzeuge an die Hand, um den Alltag mit PsA aktiver und selbstbestimmter zu gestalten.

    Die Basis schaffen: Die Rolle der ärztlichen Behandlung

    Die besten Selbstmanagement-Strategien können ihre volle Wirkung nur dann entfalten, wenn die Ursache der Fatigue – die Entzündung der Psoriasis arthritis – effektiv behandelt wird. Die medikamentöse Therapie ist daher die unverzichtbare Grundlage für ein erfolgreiches Fatigue-Management. Der Zusammenhang ist fundamental: Eine wirksame Behandlung der PsA reduziert die Krankheitsaktivität und die Schmerzen, welche die entscheidenden Treiber der Fatigue sind.

    Dass dieser Ansatz funktioniert, zeigen Studien aus einem verwandten Krankheitsbild, der rheumatoiden Arthritis. Dort konnte eine große Meta-Analyse nachweisen, dass moderne Medikamente wie die sogenannten JAK-Inhibitoren nicht nur die Gelenkentzündung verbessern, sondern auch patientenberichtete Symptome wie Schmerz und Müdigkeit (gemessen mit dem FACIT-F Fragebogen) signifikant reduzieren. Auch wenn diese Ergebnisse nicht direkt auf die Psoriasis arthritis übertragbar sind, unterstreichen sie das Grundprinzip: Eine effektive Kontrolle der Entzündung ist der Schlüssel zur Linderung der Fatigue.

    Das Fazit ist klar: Die optimale medikamentöse Einstellung deiner Psoriasis arthritis durch deinen Rheumatologen schafft die Basis, auf der alle weiteren Maßnahmen gegen die Müdigkeit aufbauen können. Sie ist der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg zu mehr Energie und Lebensqualität.

    Das Gespräch mit deinem Arzt

    Ein offenes und vertrauensvolles Gespräch mit deinem behandelnden Arzt ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Behandlung der Fatigue. Viele Patienten zögern, ihre Erschöpfung in vollem Umfang anzusprechen – aus Sorge, nicht ernst genommen zu werden oder ihre Symptome nicht klar genug beschreiben zu können. Doch gerade diese Informationen sind für deinen Arzt entscheidend.

    Wenn du das Thema Müdigkeit ansprichst, kannst du in der Regel die folgenden Schritte erwarten, die der systematischen Abklärung dienen:

    Gezielte Fragen (Anamnese)

    Dein Arzt wird dir gezielte Fragen stellen, um die möglichen Ursachen einzugrenzen. Dabei wird es typischerweise um folgende Themen gehen:

    • Schlaf: Dauer, Qualität, nächtliche Störungen (z.B. durch Schmerzen), Schnarchen oder beobachtete Atempausen.
    • Medikamente: Eine vollständige Liste aller eingenommenen Medikamente, einschließlich rezeptfreier Präparate.
    • Stimmung: Fragen zu Niedergeschlagenheit, Ängsten, Sorgen oder dem Gefühl von Anspannung.
    • Lebensumstände: Erkundigungen zu beruflichen und psychosozialen Belastungen (z. B. Stress bei der Arbeit, familiäre Sorgen).

    Körperliche Untersuchung

    Eine orientierende körperliche Untersuchung hilft, Hinweise auf andere Erkrankungen zu finden. Dazu gehören in der Regel:

    • Inspektion der Schleimhäute (z.B. auf Blässe)
    • Abhören von Herz und Lunge
    • Messen von Puls und Blutdruck
    • Abtasten der Lymphknoten und des Bauchs sowie eine orientierende neurologische Untersuchung

    Basis-Laboruntersuchung

    Eine Blutabnahme dient dazu, häufige organische Ursachen für Müdigkeit auszuschließen. Zu den Standardwerten gehören:

    • Blut-Glucose: Zum Ausschluss eines unentdeckten Diabetes.
    • Großes Blutbild: Zur Prüfung auf eine mögliche Anämie.
    • Entzündungswerte (BSG/CRP): Zur Einschätzung der systemischen Entzündungsaktivität.
    • Leberwerte (Transaminasen/γ-GT): Zur Überprüfung der Leberfunktion.
    • Schilddrüsenwert (TSH): Zum Ausschluss einer Schilddrüsenunterfunktion.

    Wichtig zu wissen ist, dass weitergehende Untersuchungen wie Hormonbestimmungen oder bildgebende Verfahren in der Regel nur dann sinnvoll sind, wenn die Basisdiagnostik konkrete Hinweise auf eine spezifische Erkrankung liefert. Dies dient dazu, unnötige und oft verunsichernde Diagnostik zu vermeiden.

    Fazit

    Fatigue ist ein reales und ernstzunehmendes Problem bei Psoriasis arthritis. Scheue dich nicht, es klar anzusprechen. Ein offenes Gespräch mit deinem Arzt, kombiniert mit der richtigen medizinischen Therapie und deinen eigenen Strategien, ist der beste Weg, um Energie und Lebensqualität zurückzugewinnen.

    Was ist Fatigue?

    Fatigue ist ein medizinischer Begriff für eine extreme und anhaltende Form der Erschöpfung, die weit über normale Müdigkeit hinausgeht. Anders als bei alltäglicher Abgeschlagenheit lässt sich Fatigue nicht durch Schlaf oder Ausruhen beheben und steht oft in keinem Verhältnis zur vorangegangenen Anstrengung. Sie ist ein häufiges und sehr belastendes Symptom bei vielen chronischen Erkrankungen wie der Psoriasis arthritis und beeinträchtigt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit im Alltag erheblich.

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    Über die Autorin

    Claudia Liebram ist Journalistin in Berlin. Ihre Psoriasis begann, als sie drei Jahre alt war. Sie absolvierte den Masterstudiengang "Consumer Health Care" an der Berliner Charité.

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    Bildquellen

    Daniel Martinez / Unsplash+

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