Ich gehöre zu denjenigen Psoriatikern, welchen diese Krankheit nicht nur Hautveränderungen bescherte, sondern darüber hinaus auch noch Gelenkentzündungen und als Folge Gelenkdeformationen.
Ich bin in Berlin aufgewachsen und habe dort die Schulzeit verbracht. Um mein Berufsziel Lokführer zu verwirklichen, machte ich eine Lehre ab 1960 bei der DB im Ausbesserungswerk (AW) Weiden. Nach der Lehrzeit kam ich 1963 nach München, wo ich erst im AW Freimann arbeitete und ab 1965 wurde ich im Betriebswerk München Hbf zum Lokführer ausgebildet. Ich war bis 1971 im Fahrdienst tätig und wechselte dann in die Disposition von Lok und Triebfahrzeugführern. Auch diese Tätigkeit bedeutete Schichtdienst rund um die Uhr.
Beginn meiner Schuppenflechte
Ende der sechziger Jahre bemerkte ich raue Stellen am Ellbogen und den Knien und suchte nach einiger Zeit meinen Hausarzt auf. Der diagnostizierte Schuppenflechte, womit ich nichts anfangen konnte und überwies mich zu einer Hautärztin.
Die verordnete mir eine Salbe und eine Folie (ca. 60 mal 80 cm groß), die mir damals Kopfzerbrechen bereitete. Diese sollte ich nach dem Auftragen auf die Stellen an Ellbogen und an Knien auflegen. Eine Erklärung dafür oder was Schuppenflechte ist bekam ich nicht. Die Erfahrung, dass eine Aufklärung über eine chronische Krankheit und ihre Auswirkung nicht erfolgt, machen viele Betroffene leider bis heute.
Im Jahre 1973 gab mir meine spätere Ehefrau den Rat, doch einmal eine Uni-Klinik aufzusuchen. Ihr Glaube und ihre Idee war wohl dort könne man mir bestimmt helfen. In München gibt es zwei medizinische Fakultäten mit jeweils einer Hautklinik. Ich suchte die Hautklinik am Biederstein (TU München) auf.
Bei der Untersuchung wurde ich auch dem damaligen Direktor, Prof. Dr. Borelli, vorgestellt. Von ihm bekam ich den Rat, mich stationär behandeln zu lassen. Bei der Terminabsprache auf der Station fragte der Oberpfleger, in welches Bett ich mich legen möchte. Erschrocken, dass ich gleich dableiben solle, machte ich klar, dass ich aus beruflichen Gründen erst in ein paar Tagen kommen könne. Ahnungslos, wie lange so eine Behandlung dauert, verbrachte ich schließlich sechs Wochen in der Klinik, mit gutem Erfolg.
Behandlung der Haut
Ich war weiter ambulant in der Uni-Klinik Biederstein in Behandlung. Mein behandelnder Oberarzt Prof. Chlebarov riet mir zu einer Klimaheilbehandlung in der Klinik in Davos (Prof. Borelli war Chef in München und Davos). 1978 kurz nach der Geburt meiner zweiten Tochter fuhr ich dorthin.
Dort von der behandelnden Hautärztin befragt, ob ich Zeit mitgebracht hätte, meine Antwort: "Sonst würde ich nicht hier sein". Darauf stellte sie fest, in meinem Zustand würde die stationäre Behandlung 10 Wochen dauern. Meine Frage an meinen Zimmerkollegen, ob es Verkürzung gebe, beantwortete er mit "Nein, nur Verlängerung!".
Der Erfolg war gut. Aber eine Wiederholung war 1981 und 1983 (für 9 bzw. 8 Wochen) nötig.
Hier in München behandelte ich mich ambulant mit Pflegesalben, Cignolin und bade mit Spezialzusätzen. Weiter machte ich einmal im Jahr eine ambulante UV-B-Bestrahlung beim Dermatologen (ca. sieben Wochen je fünf mal die Woche). Seit 1993 behandle ich mit Vitamin-D-Salbe. Bei mir zeigt sich jedoch der Erfolg erst, wenn ich zweimal täglich die Salbe anwende. Die Hauterscheinungen werden sehr blass. Zwei bis vier Wochen nach dem Absetzen stellt sich aber leider der vorherige Zustand wieder ein.
Meine Probleme mit den Gelenken
Im Jahre 1974 wurde mein rechtes Knie dick. Die Behandlung bei einem Orthopäden brachte keine Besserung. Erst die Überweisung zum Internisten und punktieren des Knies brachte eine Verbesserung. Der Internist stellte dabei eine Schleimbeutelentzündung fest, die operiert wurde. Viele Jahre wurden immer wieder Punktionen nötig, nicht nur am rechten Knie, auch das linke Knie wollte behandelt werden. Erst nach einer Röntgenbehandlung 1985 an beiden Knien kehrte bis 1997 Ruhe ein.
Verschlimmerung
1986 war ein großer Einschnitt in meinem Leben. Im Mai bekam ich einen Gelenkschub bei dem von der Haarspitze bis zum Fußnagel alles, was Gelenk hieß, wehtat. Ich begab mich in die Behandlung eines Internisten / Rheumatologen. Einer dieser Spezialisten sollte stets bei Gelenkbeteiligung die Diagnose und den Behandlungsplan erstellen.
Diverse ambulante Behandlungen und stationäre Klinikaufenthalte begleiteten seither mein Leben. Spezialkliniken wie: Rheumaklinik Oberammergau, Tomesa Bad Salzschlirf, Sanaderm Bad Mergentheim und am Toten Meer in Israel.
Inzwischen habe ich über zwei Jahre in Kliniken verbracht. Das bedeutet Medikamente, Krankengymnastik, Pflege der Haut usw. und wie für viele chronisch Erkrankte, Einschränkungen in der Freizeit und die eingeschränkte Teilnahme am familiären, kulturellen und sportlichen Leben.
Immer wieder wird von Mitbürgern der Satz gebraucht: Medikamente nehme ich nicht! Wenn ich so denken und handeln würde, könnte ich bestimmt einen Teil meiner Gelenke nicht mehr benützen.
Trotz der intensiven Behandlung ambulant und stationär, war mein Gesundheitszustand im Jahre 1991 so angegriffen, dass ich Ende 1991 pensioniert wurde. Heute rückblickend hatte dies einen positiven Einfluss, ich komme zur Zeit mit weniger Medikamenten aus.
Selbsthilfe für Psoriasis-Betroffene
Schon in meinem Berufsleben habe ich mich in der Gewerkschaft und als Interessenvertreter des Personals (Personalrat - Betriebsrat) engagiert. Dieses sich engagieren wollen und können bestimmte bis heute mein Leben.
Ich fing 1984 an, aktiv in der Selbsthilfe mitzuarbeiten und anfangs erledigte ich Aufgaben im Hintergrund. Eines Tages war keiner bereit, die erste Geige zu spielen, so übernahm ich diese Aufgabe. Meine Gedanken und Ideen wollte ich nicht nur örtlich, sondern auch bundesweit umsetzen. Zusammen mit weiteren Aktiven mussten wir aber erkennen, dass unser selbstständiges Engagement zwar von den Förderern (LH München, Land Bayern und AOK) und Betroffenen anerkannt, aber vom amtierenden Vorstand des Bundesverbandes so nicht geteilt wurde. Auch nach langer Diskussion und Versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden (insgesamt 2 Jahre), kam diese nicht zustande. Die Folge war die Gründung der PSM (heute PIM). und dies war der richtige Weg. (Nachzulesen in den Infobriefen der PSM.)
Rückblick
Ich habe einen weiten Bogen gespannt und bin stichpunktartig auf Beruf und Krankheit eingegangen. Persönlich habe ich mit den Mitmenschen, vor allem auch mit meiner Familie, jedoch nur gute Erfahrungen gemacht. An dieser Stelle möchte ich mich bei meiner Familie für Unterstützung und Verständnis bedanken.
Bedingt durch Beruf, Erkrankung und mein Engagement war ich oft nicht so zur Stelle wie viele andere. Seelische Ausgeglichenheit ist für uns Psoriatiker sehr wichtig. Deshalb mache ich auch Entspannungsübungen und versuche im täglichen Leben positiv mit Stress umzugehen. Meine Hobbys – Modelleisenbahn, Computer, Lesen und Reisen – helfen mir dabei.
Resümee
Mein umfangreiches Wissen über Schuppenflechte und meine Ideen setzen voraus immer wieder Informationen zu sammeln, sich weiterzubilden, Angebote wahrzunehmen und über neue Ideen zu diskutieren. Dieses Wissen weiterzugeben ist eine Aufgabe der Selbsthilfe, genauso wie Zuhören und Beraten.
Abschließend möchte ich betonen, dass in einem Verein wie PSM Mitglied zu sein zweierlei bedeutet. Für das Team (mich eingeschlossen) ist die Betreuung jedes Mitgliedes und jeder Person, die informiert werden möchte eine Aufgabe, die wir, soweit es uns möglich ist, zu erfüllen suchen. Dafür unterstützen unsere Mitglieder unsere Arbeit, Mühen und Ideen finanziell durch Beitrag und Spenden.
An alle, die dies lesen: Das Team und ich sind auf Ihre Meinung angewiesen. Nur, wenn wir Ihre Rückmeldung bekommen, können wir gestalten, was Sie benötigen.
© Dietmar Schulz (55), Psoriasis Selbsthilfegruppe München e.V.
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