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  • Claudia Liebram
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    Claudia Liebram

    Glutenfreie Ernährung bei Schuppenflechte: Für wen lohnt es sich wirklich?

    Du hast Schuppenflechte und fragst dich, ob eine Ernährungsumstellung helfen kann? Das Thema Gluten kommt dabei immer wieder auf. Vielleicht hast du schon Erfolgsgeschichten gehört oder bist unsicher, ob der Hype berechtigt ist. Die kurze Antwort lautet: Ja, eine glutenfreie Ernährung kann die Symptome der Psoriasis und Psoriasis-Arthritis deutlich verbessern – aber bei Weitem nicht bei jedem.

    Dieser Artikel erklärt dir, was die Wissenschaft dazu sagt, für wen ein Verzicht auf Gluten sinnvoll ist und wie du am besten vorgehst, wenn du es ausprobieren möchtest.

    Das Wichtigste in Kürze

    Menschen mit Schuppenflechte haben ein nachweislich höheres Risiko, auch eine unentdeckte Zöliakie oder eine Glutensensitivität zu haben.

    Besonders gut belegt ist der positive Effekt einer glutenfreien Diät für Psoriasis-Betroffene, die bestimmte Antikörper (Anti-Gliadin-Antikörper) im Blut haben.

    Für alle anderen Psoriasis-Patienten ist die Datenlage uneinheitlich. Ein Versuch kann individuell sinnvoll sein, ist aber keine garantierte Lösung.

    Ganz wichtig: Bevor du deine Ernährung umstellst, sprich unbedingt mit einem Arzt und lasse dich testen. Ein Test auf Zöliakie funktioniert nur, solange du noch Gluten isst.

    Der Zusammenhang: Wie Gluten deine Haut beeinflussen kann

    Um zu verstehen, warum Gluten bei manchen Menschen die Schuppenflechte verschlimmert, müssen wir uns zwei Dinge ansehen: die Zöliakie und die sogenannte Glutensensitivität.

    • Zöliakie: Das ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Gluten eine chronische Entzündung der Dünndarmschleimhaut auslöst. Diese Entzündung kann sich auf den ganzen Körper auswirken und andere Autoimmunerkrankungen, wie die Psoriasis, negativ beeinflussen oder "triggern". Studien zeigen, dass Psoriasis-Patienten etwa zwei- bis dreimal häufiger eine Zöliakie haben als die Allgemeinbevölkerung.
    • Glutensensitivität (Nicht-Zöliakie-Weizensensitivität): Manche Menschen reagieren auf Gluten mit Symptomen, obwohl eine Zöliakie und eine Weizenallergie ausgeschlossen wurden. Auch hier können im Körper Entzündungsreaktionen ablaufen, die sich auf die Haut auswirken.

    Bei beiden Zuständen reagiert das Immunsystem auf Gluten. Da die Psoriasis ebenfalls eine Erkrankung des Immunsystems ist, ist es plausibel, dass dieser "Stress" durch Gluten die Schuppenflechte verschlimmern kann.

    Für wen ist der Nutzen einer glutenfreien Diät belegt?

    Die Forschung hat eine bestimmte Patientengruppe identifiziert, die am meisten profitiert. Eine Studie, die im "British Journal of Dermatology" veröffentlicht wurde, zeigte dies sehr deutlich:

    Psoriasis-Patienten mit Antikörpern gegen Gliadin (ein Bestandteil von Gluten) wurden drei Monate auf eine glutenfreie Diät gesetzt. Bei über 80 Prozent von ihnen besserten sich die Hautsymptome deutlich.

    Eine Kontrollgruppe von Psoriasis-Patienten ohne diese Antikörper zeigte hingegen keine Besserung durch die Diät.

    Das bedeutet für dich: Der größte Nutzen ist zu erwarten, wenn bei dir eine Zöliakie oder zumindest eine nachweisbare Empfindlichkeit gegenüber Gluten vorliegt.

    Der Weg zum Selbsttest – aber richtig!

    Wenn du vermutest, dass Gluten deine Schuppenflechte beeinflusst, gehe bitte systematisch vor. Eine unüberlegte Ernährungsumstellung kann mehr schaden als nutzen.

    Schritt 1: Sprich mit deinem Arzt

    Erkläre deinem Hautarzt oder Hausarzt deinen Verdacht. Bitte um eine Blutuntersuchung, um die relevanten Antikörper zu bestimmen (insbesondere Gewebstransglutaminase-IgA-Antikörper für Zöliakie und ggf. Gliadin-Antikörper).

    WICHTIG: Für diesen Test musst du dich ganz normal ernähren und regelmäßig glutenhaltige Produkte essen. Ansonsten kann das Ergebnis falsch-negativ ausfallen.

    Schritt 2: Die Diagnose abwarten

    Wird eine Zöliakie festgestellt, ist die Diagnose klar und eine lebenslange glutenfreie Ernährung medizinisch notwendig. Dies wird nicht nur deiner Haut, sondern vor allem deiner allgemeinen Gesundheit zugutekommen. Werden erhöhte Gliadin-Antikörper ohne Zöliakie gefunden, kann dies auf eine Glutensensitivität hindeuten.

    Schritt 3: Der begleitete Auslassversuch

    Auch wenn die Tests unauffällig sind, kannst du in Absprache mit deinem Arzt einen zeitlich begrenzten Auslassversuch starten.

    • Dauer: Ernähre dich für mindestens drei Monate konsequent glutenfrei. Eine kürzere Zeit ist oft nicht aussagekräftig.
    • Dokumentation: Führe ein Symptom-Tagebuch. Wie entwickelt sich dein Hautzustand (PASI-Score, Juckreiz)? Wie fühlst du dich allgemein (Verdauung, Energielevel, Gelenkschmerzen bei PsA)? Fotos können helfen, Veränderungen objektiv zu beurteilen.

    Schritt 4: Bewertung

    Zeigt sich nach drei Monaten eine deutliche Besserung, ist ein Zusammenhang wahrscheinlich. Besprich mit deinem Arzt oder einer Ernährungsfachkraft, wie du die Ernährung langfristig gestalten kannst, ohne dass es zu Nährstoffmängeln kommt.

    Was bedeutet "glutenfrei" genau?

    Gluten ist das "Klebereiweiß" in vielen Getreidesorten. Ein Verzicht bedeutet, auf folgende Dinge zu achten:

    Zu meidende Lebensmittel (glutenhaltig) Erlaubte Alternativen (glutenfrei)
    Getreide: Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Grünkern, Einkorn, Emmer, Kamut Getreide/Pseudogetreide: Reis, Mais, Hirse, Quinoa, Amaranth, Buchweizen
    Produkte: Normales Brot, Brötchen, Nudeln, Pizza, Kuchen, Kekse, Müsli, Couscous, Bulgur     Produkte: Glutenfreie Backwaren, Nudeln aus Reis/Mais/Linsen, Kartoffeln, Süßkartoffeln
    Getränke: Bier, Malzbier Getränke: Wein, Sekt, reine Säfte, Wasser
    Verstecktes Gluten: Paniertes Fleisch, Fertigsoßen, Suppenwürfel, manche Wurstsorten, Ketchup, Chips Tipp: Auf das offizielle Symbol der durchgestrichenen Ähre auf der Verpackung achten.

    Achtung bei Hafer: Hafer ist von Natur aus glutenfrei, aber beim Anbau und der Verarbeitung oft mit Weizen kontaminiert. Verwende nur Produkte, die explizit als "glutenfreier Hafer" gekennzeichnet sind.

    Nachteile und Risiken

    Eine glutenfreie Ernährung ist kein Allheilmittel und hat auch Nachteile:

    • Kosten: Glutenfreie Produkte sind oft deutlich teurer.
    • Sozialer Aufwand: Essen gehen, Einladungen bei Freunden – all das erfordert mehr Planung.
    • Nährstoffmangel: Wer einfach nur Weizenprodukte weglässt, riskiert einen Mangel an Ballaststoffen, B-Vitaminen und Eisen. Eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten und glutenfreien Vollkornalternativen ist entscheidend.

    Fazit: Ein gezielter Versuch für eine bestimmte Gruppe

    Eine glutenfreie Diät ist kein Wundermittel für jeden Psoriasis-Betroffenen. Sie ist jedoch eine sehr wirksame Therapieoption für die Untergruppe von Patienten, die gleichzeitig an einer Zöliakie oder einer nachgewiesenen Glutensensitivität leiden.

    Wenn du einen Zusammenhang vermutest, ist der richtige Weg: Erst zum Arzt, testen lassen und dann – bei positivem Befund oder nach Absprache – einen konsequenten und gut dokumentierten Auslassversuch starten. So findest du heraus, ob du zu denjenigen gehörst, denen ein Verzicht auf Gluten wirklich hilft.

    Lesetipps zum Thema Gluten und glutenfreie Ernährung

    Mehr Gluten, mehr Schuppenflechte oder Psoriasis arthritis? Nein!
    (PTA Forum, 17.09.2021)
    "Das Risiko für die Entstehung von Schuppenflechte (Psoriasis), Psoriasis-Arthritis und Neurodermitis steigt selbst bei erhöhter Gluten-Aufnahme nicht", haben Forscher in einer Studie ermittelt. Um diese Aussage treffen zu können, befragten sie Frauen alle vier Jahre, ob bei ihnen Schuppenflechte, Psoriasis arthritis oder Neurodermitis aufgetreten ist. Dann verglichen sie das Ergebnis bei denen, die mit ihrer Nahrung wenig Gluten aufnahmen mit denen, die viel aufnahmen.

    Allerdings sagt das nichts über die aus, die gar kein Gluten aufnehmen, also sich glutenfrei ernähren.

    Die Unverträglichkeit von Gluten – ein Riesengeschäft
    (Die Zeit, 21.11.2013)
    Zehn Jahre lang ernährte sich der ZEIT-Autor Johannes von Gudow mit glutenfreier Kost. Nur: Seine Beschwerden wurden gar nicht vom Weizen hervorgerufen. Wer wirklich eine Zöliakie hat, muss sich fortan glutenfrei ernähren, und das ist alles andere als einfach - ohne Frage. Doch der Verdacht darauf ist auch ein Milliardengeschäft.

    Essen und Trinken bei Zöliakie
    (Deutsche Gesellschaft für Ernährung)
    Informationen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) über eine Ernährungstherapie bei Zöliakie


    Über die Autorin

    Claudia Liebram ist Journalistin in Berlin. Ihre Psoriasis begann, als sie drei Jahre alt war. Sie absolvierte den Masterstudiengang "Consumer Health Care" an der Berliner Charité.

    Mehr über und von Claudia Liebram


    Bildquellen

    Hellebardius / Flickr | CC BY-NC-ND 2.0

    Erstmals erschienen:

    Kommentare

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    Oh, vielen Dank für den Hinweis. In der Tat war das Fragezeichen nicht angebracht. Wir haben's geändert.

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    Bulgur wird meisstens aus (Hart)Weizen hergestellt, genauso wie Couscous, vermutlich aus Kostengründen.

    Buchweizen als Pseudogetreide ist von natur aus glutenfrei, das ist korrekt. So wie Reis, Mais, Hirse, Amarant und Quinoa.

    Was ist mit Dinkel? Der taucht in der Liste gar nicht auf. Angeblich glutenarm aber nicht Glutenfrei? Steht dann wie Roggen und Hafer auch auf der Negativ-Liste.

    Weizen wird als universelles Streck- bzw. Bindemittel leider überall verwendet, selbst wo man sie vielleicht gar nicht vermuten würde, z.B. in Gnocchi, die z.T. 20-55% Weizenmehl enthalten.

    Ich boykottiere Weissbrot, Fabrikbrot und diese Fertigbackbuden mit den nicht nachvollziehbaren verwendeten Enzymen, die nicht gekennzeichnet werden (müssen). Etwa 3/4 dieser Backwaren werden in Belgien als Formlinge in Backfabriken hergestellt und tiefgekühlt nachts per LKW ausgeliefert.

    Wenn man nicht unbegrenzt Geld in überteuerte Gluten-Frei-Fertigprodukte stecken will, hilft nur noch selbt machen.

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