Das Wichtigste in Kürze
Ab Frühjahr 2026 ist die Apotheke verpflichtet zu prüfen, ob ein verordnetes Biologikum durch ein preisgünstigeres Präparat mit dem gleichen Wirkstoff ersetzt werden kann. Schon jetzt erhalten gesetzlich Versicherten ein anderes, aber wirkstoffgleiches Präparat, wenn ihre Krankenkasse entsprechende Rabattverträge mit einer Pharmafirma geschlossen hat.
Für beide Situationen gelten Ausnahmen: Aus medizinischen Gründen darf die Ärztin oder der Arzt auf ein namentlich genanntes Präparat bestehen. Mit einem Kreuz auf dem Rezept wird Aut-idem („oder ein Gleiches“) – also der Austausch – ausgeschlossen. Den Austausch darf selbst die Apothekerin oder der Apotheker ablehnen. Nämlich dann, wenn der Apotheke Informationen vorliegen, dass dadurch in diesem individuellen Einzelfall ein hohes Risiko für Nebenwirkungen oder Falschanwendung besteht. Zum Beispiel durch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten der Patientin bzw. des Patienten.
Die neue Regelung betrifft nur diejenigen, deren Krankenkasse keine Rabattverträge geschlossen hat und nur dann, wenn es für den verschriebenen Wirkstoff bereits Nachahmer-Produkte (Biosimilars) gibt. Bei der Psoriasis und der Psoriasis arthritis sind das:
| Wirkstoff | Original |
Biosimilars (Stand Dez. 2025) |
|---|---|---|
| Adalimumab | Humira | Ja |
| Bimekizumab | Bimzelx | Nein |
| Brodalumab | Kyntheum | Nein |
| Certolizumab Pegol | Cimzia | Nein |
| Etanercept | Enbrel | Ja |
| Golimumab (nur PsA) | Simponi | Ja |
| Guselkumab | Tremfya | Nein |
| Infliximab | Remicade | Ja |
| Ixekizumab | Taltz | Nein |
| Risankizumab | Skyrizi | Nein |
| Secukinumab | Cosentyx | Nein |
| Tildrakizumab | Ilumetri | Nein |
| Ustekinumab | Stelara | Ja |
Entschieden hat das der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Dezember 2025. Damit sollen Ausgaben bei den gesetzlichen Krankenkasse verringert werden. Denn Biosimilars sind deutlich preiswerter, als die Original-Biologika. Dabei beruft sich der G-BA auf wissenschaftliche Erkenntnisse, nach denen Biosimilars gleichwertig wirksam und sicher sind und auch ein Wechsel unbedenklich sei.
Dem stimmen Ärzte- und Patientenverbände grundsätzlich zu. Nicht berücksichtigt wurden aber ihre Bedenken: So lehnen sie es ab, dass die Apotheken entscheiden, welches der vielen Präparate eines Wirkstoffs ein Patient erhält. Solche Entscheidung dürften nur die behandelnden Ärztinnen oder Ärzte treffen. Erste Erfahrungen würden darauf hinweisen, dass sich durch einen Austausch bei manchen Patienten der Therapieerfolg verschlechtern könne. Nach ihrer Auffassung sei so ein mehrfacher Wechsel zwischen Biosimilars noch völlig unerforscht. Darüberhinaus würde ein automatischer Austausch die langfristige Auswertung durch Register (z.B. PsoBest, RABBIT) verfälschen. Meldungen zum Präparat würden nicht mehr in jeden Fall übereinstimmen mit dem, was ein Patient dann tatsächlich erhalten habe.
Das war die Kurzform. Das Thema ist für alle Beteiligten kompliziert. Außerdem haben die jeweils Beteiligten ihre unterschiedlichen Interessen an der einen oder andern Lösung. Wen es also interessiert – hier geht es ausführlich weiter:
Hintergrund: Biologika und Biosimilars kurz erklärt
Biologika sind biotechnologisch hergestellte Eiweißpräparate, zum Beispiel Antikörper, die gezielt in Entzündungsprozesse eingreifen. Bei Psoriasis und Psoriasis-Arthritis gehören dazu unter anderem:
- TNF‑Blocker (z. B. Adalimumab, Etanercept)
- IL‑17‑Blocker
- IL‑23‑Blocker
- weitere monoklonale Antikörper
Sie werden meist als Fertigspritze oder Pen unter die Haut (subkutan) gespritzt und oft von Patientinnen und Patienten selbst angewendet.
Biosimilars sind „Nachahmerpräparate“ eines bereits zugelassenen Biologikums (Referenzarzneimittel). Sie sind nicht zu 100 % identisch – das geht bei Eiweißmolekülen technisch nicht –, müssen aber in Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit sehr eng vergleichbar sein. Das wird in aufwendigen Zulassungsverfahren von europäischen und deutschen Behörden geprüft.
Biosimilars sind in der Regel deutlich günstiger als das Originalpräparat. Genau hier setzt der G‑BA an: Durch mehr Einsatz von Biosimilars sollen Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung gespart werden – ohne die Therapiesicherheit zu verschlechtern.
Was hat der G‑BA konkret beschlossen?
Apotheken sind künftig verpflichtet, ein verordnetes Biologikum durch ein preisgünstiges biotechnologisch hergestelltes Arzneimittel zu ersetzen – wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Diese Pflicht gilt für Biologika als Fertigarzneimittel (also zum Beispiel Fertigspritzen oder Pens), die von den Patientinnen und Patienten meist zuhause angewendet werden.
Ein Austausch ist nur erlaubt, wenn alle folgenden Punkte erfüllt sind.:
- Die Dosis und die Packungsgröße müssen identisch sein.
- Die Darreichungsform (z. B. Injektionslösung) muss gleich oder als austauschbar eingestuft sein.
- Die "Behältnisse" müssen die gleichen bleiben: Fertigpen zu Fertigpen und Fertigspritze zu Fertigspritze
Zusätzlich wird es fachlich knifflig: Das abzugebende Biologikum muss mindestens für dieselbe Art der Anwendung zugelassen sein wie das verordnete Präparat (zum Beispiel Injektion unter die Haut). Außerdem muss sich die Zulassung der beiden Präparate in mindestens einem Anwendungsgebiet überschneiden – sie müssen also wenigstens für eine gleiche Krankheit zugelassen sein.
In welche Richtungen ist ein Austausch erlaubt?
Austauschbar sind:
- Original-Biologikum → Biosimilar
- Biosimilar → Original-Biologikum
- Biosimilar → anderes Biosimilar, wenn beide auf dasselbe Referenzarzneimittel zugelassen sind
So bekommst du möglichst das Medikament, das du schon kennst
Wichtig für Betroffene: Deine Ärztin oder dein Arzt kann den Austausch verbieten, indem sie oder er das „Aut‑idem“-Feld auf dem Rezept ankreuzt. Dann darf die Apotheke das verordnete Biologikum nicht durch ein anderes austauschen.
Als medizinische Gründe nennt der Gemeinsame Bundesausschuss unter anderem:
- in der Vergangenheit aufgetretene Nebenwirkungen, Unverträglichkeiten oder Allergien
- eine instabile Therapiesituation
- patienten- oder erkrankungsspezifische Besonderheiten, zum Beispiel Probleme mit bestimmten Bauarten der Pens oder Spritzen – also mit der Handhabung oder mit eingeschränkter Feinmotorik. Das sind Fälle, die bei Psoriasis arthritis gar nicht so selten sind.
Reine Gewohnheit oder „Ich mag das alte besser“ reichen laut G‑BA in der Regel nicht aus, um einen Austausch dauerhaft zu verhindern. Es braucht nachvollziehbare medizinische Gründe.
Ab wann gelten die neuen Regeln?
Der Beschluss wird nun an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geschickt. Wenn das Ministerium den Beschluss nicht beanstandet und er im Bundesanzeiger veröffentlicht wird, treten die Regelungen frühestens im April 2026 in Kraft.
Bis dahin ändert sich für Betroffene nichts. Es bleibt aber sinnvoll, das Thema bei kommenden Arztterminen einmal anzusprechen – gerade wenn die eigene Behandlung mit Biologika langfristig geplant ist.
Wie wird das begründet?
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA) gehen davon aus, dass Biosimilars sowohl mit ihren Referenzmitteln als auch untereinander ausgetauscht werden können. Dabei berufen sie sich auf eine offizielle Stellungnahme der Europäische Arzneimittelagentur (EMA) mit der Heads of Medicines Agencies (HMA) vom September 2022.
Beide Institutionen wiesen darauf hin, dass Prüfverfahren über 15 Jahre und klinische Studien die Austauschbarkeit bestätigen würden. Eine gesonderte Studie dazu („Switch-Studie“) sei deshalb nicht nötig. EMA und HMA schlugen nationale Regelungen zur automatischen Substitution vor, da die EU für Rechtsvorschriften im Gesundheitsbereich nicht zuständig ist. Drei Jahre danach wurde dann das Thema im G-BA behandelt.
Was meinen Patienten- und Ärzteverbände dazu?
In ihren Stellungnahmen äußerten Ärzte- und Patientenverbände viel und deutliche Kritik.
Wiederholter Wechsel kaum erforscht: Viele Fachgesellschaften und Patientenvertretungen akzeptieren Biosimilars grundsätzlich als gleichwertig wirksam und sicher. Sie lehnen aber eine automatische Substitution in der Apotheke ohne enge ärztliche Steuerung ab. Sie verweisen darauf, dass Studien vor allem einmalige, ärztlich begleitete Wechsel vom Original auf ein Biosimilar untersuchen. Dagegen seien wiederholte (nicht ärztlich gesteuerte) Wechsel zwischen mehreren Biosimilars („multiple switches“) kaum erforscht. Aus ihrer Sicht drohen dadurch Verunsicherung, Nocebo-Effekte, sinkende Therapietreue und praktische Anwendungsfehler, wenn Patientinnen und Patienten immer wieder neue Pens oder Spritzen mit anderer Handhabung und anderen Hilfsstoffen erhalten.
Registerdaten werden verfälscht: Ein weiterer Kernpunkt sei die Arzneimittelsicherheit: Für Biologika gelten strenge Vorgaben zur Sammlung von Nebenwirkungen und Risiken, einschließlich der genauen Dokumentation von Handelsnamen und Chargennummern. Register wie RABBIT in der Rheumatologie oder PsoBest in der Dermatologie liefern wichtige Langzeitdaten dazu. Wenn in der Apotheke Präparate ohne Rückmeldung an die Praxis ausgetauscht werden, sei die Rückverfolgbarkeit und die Aussagekraft dieser Register gefährdet. Es sei zu befürchten, dass Nebenwirkungen oder Wirkverlust nicht mehr klar einem Produkt zugeordnet werden können. Das erschwere es, dem entgegenzuwirken.
Entscheidung gehört in Ärzte-Hand: Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG), das Hautnetz Deutschland und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) sprechen sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen einen automatischen Austausch bei entzündlicher Hautkrankheiten wie eben der Psoriasis aus. Es wird betont, dass eine Biologika-Therapie bei Psoriasis eine sensible Langzeitentscheidung sei. Es müsse deshalb in der Hand der behandelnden Ärztinnen und Ärzte bleiben, das konkrete Präparat auszuwählen und dessen Anwendung zu erklären. Bei einem nicht abgesprochenen, unerwarteten Austausch in der Apotheke wisse die Praxis nicht, welches Präparat tatsächlich abgegeben wurde. Dadurch könnten v.a. Nebenwirkungen nicht korrekt zugeordnet werden. Das gefährde aus ihrer Sicht Versorgungsqualität und Patientensicherheit.
Biosimilars wirken nicht so gut: Die Bedenken der Ärztevertreter bestätigt eine aktuelle Übersicht von veröffentlichten Praxisdaten (Real-World-Study). Darin geht es um Patientinnen und Patienten mit schwerer Akne inversa, die mit Adalimumab behandelt wurden. Basis waren diejenigen, die mit dem Original-Biologikum behandelt wurden. Sie wurden verglichen mit denjenigen, die schon immer mit einem Biosimilar behandelt wurden bzw. irgendwann auf ein Biosimilar gewechselt haben. In der Biosimilar-Gruppe gab es vermehrt niedrigere Ansprechraten sowie höhere Anteile an und kürzere Zeiträume bis zum Wirkverlust. Das bestätigt auch eine Auswertung des deutschen Registers. Dabei wurde nicht untersucht, weshalb Biosimilars schlechter wirken. Sind es tatsächlich unterschiedliche pharmakologische Qualitäten? Oder werden die Präparate individuell unterschiedlich vertragen? Oder ist es letztendlich reine Psychologie, d.h. die negative Erwartung gegenüber dem billigeren Nachahmer-Präparat (Nocebo-Effekt)? Vor allen ist es noch völlig ungeklärt, ob solche Folgen auch bei anderen Erkrankungen auftreten können, wie z.B. bei Psoriasis oder Psoriasis Arthritis.
Nocebo-Effekt verschlechtert Therapieffekt: Die Deutsche Rheuma-Liga spricht davon, dass ein mehrfacher Produktwechsel die Patientinnen und Patienten verunsichern würde. Dadurch würden nach ihrer Erfahrung Nocebo-Effekte begünstigt. Aus Angst und negativen Erwartungen würden Nebenwirkungen und Wirkverluste auftreten. Das erhöhe das Risiko, dass Betroffene ihre Therapie abbrechen.
Therapie mit nicht zugelassenem Präparat: Kritisch sieht die Rheuma-Liga, dass künftig ein Austausch schon dann möglich sein soll, wenn das verschriebene Präparat mit dem ausgetauschten in „irgendeinem“ Anwendungsgebiet übereinstimmen. Dadurch erhalten Betroffene zwar ein wirkstoffgleiches Produkt, es kann aber sein, dass der Hersteller gerade für ihre Erkrankung keine Zulassung beantragt hat. Das ausgetauschte Präparat würde dann ohne Zulassung angewendet werden („off-label-use“).
Keine wahrheitsgemäße Therapiedokumentation: Der Deutsche Psoriasis-Bund hatte sich im September einer Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe angeschlossen. Darin sprechen sich die Patientenvertreter klar gegen den Austausch von Biosimilars in der Apotheke aus. Ihre Argumente sind fast identisch mit denen der Ärzte und der Rheuma-Liga. Sie weisen darauf hin, dass ein Austausch von biotechnisch hergestellten Präparaten schon jetzt in der ärztlichen Praxis stattfindet: in begründeten Fällen, nach ärztlicher Prüfung, sauber dokumentiert und mit ausreichender Aufklärung der Betroffenen. Nur so seien Patientenunterlagen und Registermeldungen wahrheitsgemäß.
Was meinen Pharmafirmen zum automatischen Austausch?
Die Hersteller selbst weisen weisen in einigen Stellungnahmen daraufhin, dass es durchaus Verschiedenheiten bei den biotechnisch hergestellten Präparaten gibt, die Folgen für Patientinnen und Patienten haben können.
Unterschiediche Nadelgrößen: Pens und ‑Spritzen können sich bei Nadelgröße deutlich unterscheiden. Für Betroffene sei das nicht banal: Dünnere Nadeln und ein bestimmter Nadelschliff können das Spritzen deutlich weniger schmerzhaft machen. Dickere oder anders geschliffene Nadeln können ein stärkeres Brennen oder Druckgefühl auslösen. So würde Angst vor der Injektion bei häufiger Anwendung die Therapietreue (Compliance) beeinflussen.
Unterschiedliche Hilfsstoffe: Während das eine Biosimilar etwa Citrat als Puffer enthält, sind andere Präparate citratfrei, Die würden als angenehmer empfunden werden. Citrat könne bei Patientinnen und Patienten zu einem stärkeren Brennen und Schmerz bei der Injektion führen. Solche Unterschiede seien zwar medizinisch nicht bedeutend, könnten aber die Bereitschaft, das Medikament regelmäßig anzuwenden, stark beeinflussen.
Unterschied bei Latex: Manche Fertigspritzen verwenden noch Komponenten aus Naturkautschuk-Latex, andere sind ausdrücklich latexfrei. Werde in der Apotheke ohne genaue Kenntnis der Allergie auf ein latexhaltiges Produkt umgestellt, könnte es bei den Patienten zu schweren allergischen Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock kommen.
Unterschiedliche Pen- und Spritzen-Formen (Devices): Die Pens oder Spritzen können sich in ihrer Form, Handhabung, dem Auslösemechanismus oder der Grifffestigkeit unterscheiden. Für Patienten mit Psoriasis Arthritis an den Fingern könnte ein Wechsel des Injektionsgeräts die korrekte Handhabung erschweren oder zu Anwendungsfehlern führen.
Quellen zum Weiterlesen
- Mitteilung des Gemeinsamen Bundesaustauschen über den Beschluss
- Dokumentation vom G-BA über den Weg und die Diskussion bis zum Beschluss inklusive Wortprotokollen und schriftlichen Stellungnahmen
- Stellungnahme der Deutschen Rheuma-Liga
- Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, der sich der Deutsche Psoriasis-Bund angeschlossen hat

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