Erwachsene haben an einer Schuppenflechte oft schon zu "knabbern". Wie mag es Kindern da erst gehen, in deren Welt das Aussehen mindestens genau so viel zählt wie bei den Älteren? Müssen Kinder mit Psoriasis anders behandelt werden? Eltern sind - vor allem, wenn sie selbst die Psoriasis bislang nicht kannten - verzweifelt, wenn der Hautarzt die Schuppenflechte diagnostiziert.
Zahlen und Fakten
Eine Schuppenflechte im Kindesalter ist selten. Zehn Prozent der Psoriasis-Kranken überhaupt sind Kinder. Die Veranlagung freilich lauert in mehr Kindern - nur kommt die Psoriasis dann (noch) nicht zum Ausbruch. Eine Schuppenflechte kann zwei, drei, vier Generationen überspringen, ohne auszubrechen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn die Eltern und die Großeltern mit den Schultern zucken, wenn sie nach einer Psoriasis in der Familie befragt werden.
Die Hälfte der Kinder mit Pso wird vor dem 12. Geburtstag davon getroffen.
Ist ein Elternteil an der Schuppenflechte erkrankt, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass der Nachwuchs sie ebenfalls bekommt, bei 30 Prozent. Haben beide Eltern Psoriasis, ist die Wahrscheinlichkeit jedoch schon bei 70 Prozent.
Wenn die Schuppenflechte schon im Kindesalter ausbricht, macht sie, was sie will. Sie kann durchaus auch nur kurz bleiben, um dann wieder zu verschwinden - wobei keine falschen Hoffnungen geweckt werden sollten: Sie kann dann jederzeit wiederkommen.
Mädchen bekommen häufiger eine Schuppenflechte als Jungen. Das Verhältnis ist hier 3:1, während sich Erwachsene die Krankheit brav teilen: Männer und Frauen stehen gleich "dumm" da.
Anzeichen
Bei Erwachsenen ist die Psoriasis zu 95 Prozent chronisch-stationär - sie ist an mehr oder weniger vielen Stellen des Körpers präsent. Bei fünf Prozent der Erwachsenen ist sie exanthemisch - sie breitet sich schlagartig über den ganzen Körper, vom Haar bis zum Zeh, aus. Kinder leiden anders: Bei den Sprösslingen zeigt sich die Psoriasis seltener chronisch-stationär, sondern öfter exanthemisch. Sie wird oft zunächst nicht erkannt oder mit einer Infektion verwechselt, weil die Stellen oder die Haut nur rot ist, die typischen Schuppen fehlen. Bei Säuglingen ist oft eine Psoriasis im Genitalbereich zu finden, die mit der Windel-Dermatitis oder einer Pilz-Infektion verwechselt oder gleich gar nicht bemerkt wird.
Ein weiteres Zeichen: Im Unterschied zu Erwachsenen wird bei Kindern oft auch das Gesicht befallen.
Ein weiteres Erkennungszeichen von Psoriasis: Die Rötung an den Stellen ist scharf begrenzt - sie hört ganz klar auf, hat deutliche Ränder, während bei der Neurodermitis die Rötung keineswegs deutlich in die gesunde Haut übergeht.
Beim Darüberstreichen an Psoriasis-Stellen merkt man, dass sie sich von der restlichen Haut abheben: Sie sind "erhaben".
Was tun?
Nach dem Ausbruch stehen drei Dinge im Vordergrund:
- die Haut wieder glatt machen - das Symptom unterdrücken
- überlegen, warum die Psoriasis ausgebrochen ist
- überlegen, was getan werden kann, damit die Schuppenflechte nicht gleich wiederkommt
Als erstes müssen die Eltern genau wissen, was ihr Kind hat, und dass die Krankheit ganz klar genetisch bedingt ist. Der Hautarzt sollte nicht einfach nur Salben verschreiben, sondern genau aufklären, was für eine Krankheit die Schuppenflechte ist.
Danach steht die sogenannte Familien-Anamnese: Es wird in der Familiengeschichte "gekramt", wer eine Psoriasis gehabt und/oder vererbt haben könnte. Das ist oft nicht zu beantworten.
Die Schuppenflechte kommt oft nach eine Infektion zum Ausbruch, und davor sind Kinder nur schwer zu schützen. Mögliche "Giftstreuer" sind auch kranke Mandeln. Einem Kind jedoch die gesunden Mandeln 'rauszunehmen, ist nicht anzuraten.
Die Zähne sollten nicht vergessen werden - sie können auch im Kindesalter schon von Karies befallen sein.
Bricht die Psoriasis bei Erwachsenen aus, sind psychische Auslöser nicht selten. Bei Kindern aber ist dieser Effekt seltener zu beobachten. "Kinder werden mit der Psoriasis gut fertig", sagt Professor Niels Sönnichsen. "Das Problem sind mehr die Mütter." Sönnichsen war 23 Jahre lang Direktor der Hautklinik in der Charité, bevor er fünf Jahre lang Chef der Hautklinik auf Borkum war. Derzeit betreibt er eine Privat-Praxis am Berliner Ku'Damm. "Nebenbei" betreute er die Ostsee-Klinik in Kühlungsborn. Die Firma Asche (Schering) hatte eine Broschüre zum Thema Psoriasis herausgebracht, deren Autor er war.
Behandlung
Nach der Familien-Anamnese (oder in der Praxis vermutlich gleichzeitig) geht es an die eigentlich Behandlung. Sönnichsen verschreibt kleinen Patienten oft Vitamin-D3-Salben wie Daivonex.
Vitamin D3 ist in Deutschland für Kinder nicht zugelassen, weil keine wissenschaftlichen Studien dazu betrieben wurden. Sönnichsen weiß das sehr wohl, begründet seine Verschreibung auch für jüngere Kinder: "In Deutschland wurde bei Vitamin D3 keine Studie an Kindern gemacht, weil das hierzulande nicht üblich ist. In anderen Ländern aber gibt es damit durchaus gute Erfahrungen." So bekommen schon ein- bis dreijährige Knirpse Vitamin D3-Salben.
Zur Nachbehandlung nach den starken Salben können drei- bis fünfprozentige Harnstoffsalben genommen werden.
Kortison gibt Sönnichsen so selten wie möglich. Lediglich das Präparat Advantan könne drei Wochen lang angewendet werden, sagt er.
Teer- und Dithranol-Präparate werden bei Kindern ebenso wenig empfohlen wie Vitamin-A-Salben (sogenannte Retinoide).
Bestrahlung sollte bei Kindern erst nach dem Probieren aller Salben und Bädern und selbst dann sehr zurückhaltend eingesetzt werden. Die PUVA-Bestrahlung, die bei Erwachsenen zum Standard zählt, kommt für Kinder nicht in Frage, vor allem wegen des Psoralens, das Erwachsene vor dieser Bestrahlung einnehmen müssen, damit die Strahlen besser an ihren "Bestimmungsort" gelangen. Auch die Bade-PUVA ist nichts für den Nachwuchs. Seit einiger Zeit gibt es das Mittel Psoralen in einer Creme. Die können auch Kinder nutzen. Am wirksamsten ist diese Therapie bei einer Psoriasis an Händen und Füßen.
Die Bestrahlung birgt zwei Risiken: eine spätere Krebs-Erkrankung und eine vorzeitige Hautalterung. So wird auch dringend vor jedem noch so kleinen Sonnenbrand bei den Kindern gewarnt. Menschen, die im Kindesalter mehr Sonnenbrände davongetragen haben, erkranken als Erwachsene nachgewiesener Maßen häufiger an Krebs.
Medikamente, die eingenommen werden müssen, werden Kindern fast nie gegeben. "In ganz extremen Ausnahmen und maximal drei bis sechs Wochen", ist Sönnichsens Faustregel.
Wenn's sehr juckt, können Kinder auch Antihistaminika – antiallergische Tabletten – einnehmen.
An der Fachklinik Sylt wurde ein Patientenschulungs-Programm für Eltern und Kinder entwickelt. Dabei wird gelernt, dem Kind klarzumachen, dass jedes Kratzen neue Psoriasis-Herde erzeugt.
Mehr darüber:
Das Eincremen angenehm gestalten
Diese Tipps zur Eincreme-Prozedur bei Kindern galten eigentlich der Neurodermitis. Sie sind für Kinder mit Schuppenflechte aber genauso anwendbar.
Ein Muss bei Neurodermitis, aber auch bei Schuppenflechte ist regelmäßige Hautpflege. Für Kinder ist das oft unangenehm. Damit der Nachwuchs die tägliche Creme-Prozedur nicht schon als quälend erlebt, sollten Eltern es möglichst in Rituale einbinden, die die Kleinen als angenehm empfinden, rät der Diplompsychologe Wolfgang Schütz, Leiter von Neurodermitis-Schulungen am CJD Asthmazentrum Berchtesgaden. Im Apothekenmagazin "Baby und Familie" (Heft 11/2008) gibt er Tipps:
- Der Vater kann Geschichten vorlesen, während die Mutter eincremt.
- Die Zeit zum Eincremen kann bei größeren Kindern zum Plaudern über die Ereignisse des Tages genutzt werden.
- Die Creme oder Lotion kann eine Weile in den Kühlschrank gestellt werden. Manchmal wird allein schon die Kälte als angenehm empfunden.
- Die Art des Eincremens kann wichtig sein: Manche Kinder mögen klopfende Bewegungen, andere finden streichelnde schöner.
Häufig lösen bestimmte Inhaltsstoffe ein Brennen auf der Haut aus. Das sollte man mit dem Arzt besprechen, der eventuell ein Alternativmittel verschreiben kann. Wolfgang Schütz verweist darauf: "Wichtig ist, immer genau zu beobachten, wann sich der kleine Patient wohl oder unwohl fühlt."
Quelle: Mitteilung der Zeitschrift "Baby und Familie", 11.11.2008
...und weiter?
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