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    Rolf Blaga

    Aktuelles zur Versorgung von Psoriasis-Patienten in Deutschland 2025

    Im November 2025 fand die „15. Nationale Konferenz zur Versorgung der Psoriasis“ in Hamburg statt. Auf der wird immer berichtet, wie und mit welchem Erfolg im abgelaufenen Jahr Psoriasis-Patienten versorgt wurden und was noch erreicht werden soll. Die Zahlen und Zusammenhänge sind vor allem für Dermatologen und Pharmavertreter gedacht. Einiges ist aber auch für uns Patienten interessant.

    Die interessantesten Erkenntnisse für eilige Leser:

    • Übersichten, welche Therapien und Wirkstoffe in welchen Fällen empfohlen werden, finden sich in der aktualisierten Behandlungs-Leitlinie, Seite 5-8.
    • Schwer zu behandelnde Fälle werden meist an Uni-Kliniken überwiesen. Die behandelnden Dermatologen können sich aber von dort Therapieempfehlungen geben lassen; entweder anstelle der Überweisung oder, um den Patienten bis zum Ambulanz-Termin nicht unbehandelt zu lassen.
    • Die Chance, ein Biologikum verschrieben zu bekommen, ist in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern fast achtmal größer als in Baden-Württemberg.
    • Vermutlich werden immer noch zu viele Betroffene mit Schuppenflechte entweder überhaupt nicht oder falsch behandelt. Wer schwer oder mittelschwer erkrankt ist, darf weder mit äußerlich wirkenden Mitteln (Cremes, Lotionen, Salben) behandelt werden, noch mit innerlich wirkenden Kortisonpräparaten (Glukocorticoiden).
    • Mindestens einmal jährlich sollte überprüft werden, ob sich eine der typischen Begleiterkrankung entwickelt hat (Komorbiditäts-Screening).
    • Im Register PsoBest werden inzwischen 26.084 Patienten geführt, die mit Biologika und Nicht-Biologika behandelt werden. Neben der Arzneimittelwirkung werden auch die Wünsche der Patienten an eine Therapie erfasst. Die meisten wollen von allem und möglichst schnell geheilt werden.
    • Zukünftig wird es deutlich weniger Dermatologen geben, die Hautkranke versorgen. Deshalb sollen Betroffene mit Bagetellfällen (zum Beispiel Insektenstichen oder Warzen) damit zum Alllgemeinmediziner (Hausarzt) gehen – sofern sie einen finden.

    Update Psoriasis-Leitlinie

    Im August 2025 wurden die Empfehlungen aktualisiert, wie die Psoriasis vulgaris zu behandeln ist. Wir haben über diese Aktualisierung der Leitlinie an anderer Stelle ausführlich berichtet. Alles, was neu aufgenommen wurde, ist im Text in der Leitlinie blau geschrieben.

    Künftig soll mit einer Therapie erreicht werden, dass sich der Hautzustand um 90 Prozent gegenüber der Anfangssituation verbessert (PASI 90). Ziel ist ein absoluter PASI < 2, das heißt, es gibt nur noch minimale Psoriasis-Stellen bei milder Krankheitsaktivität. Alternativ soll die Behandlung dazu führen, dass die Lebensqualität fast gar nicht mehr eingeschränkt ist, also ein DLQI ≤ 1 erreicht wird.

    Außerdem wird empfohlen, die Labor-Kontrollen gegenüber den Herstellerangaben einzuschränken.

    Expertenrat bei komplizierten Fällen

    Einzelne Unikliniken bieten ambulant tätigen Dermatologen an, sich bei ihnen fachlich eine Zweitmeinung einzuholen. Bei „Entzündungs-/Inflammationboards“ können sie schwer zu behandelnde Psoriasis-Fälle vorstellen, um sich emfehlen zu lassen, wie individuell vorgegangen werden sollte.

    Die Möglichkeiten bieten zum Beispiel Kliniken in Jena, Tübingen, Erlangen, Ulm und Berlin an, aber auch das Hautnetz Hamburg und das Psoriasis-Praxisnetz Südwest. So können Patienten versorgt werden, bis sie einen Termin in der Ambulanz der Universitätsklinik bekommen oder sie müssen nicht mehr überwiesen werden.

    Verschreibungs-Zahlen

    2024 wurden bundesweit in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) etwa 92.500 Psoriasis-Patienten mit Biologika bzw. Biosimilars behandelt. Das kostete die Kassen im Jahr ca. 0,85 Mrd. Euro. Ungefähr 122.000 Psoriasis-Patienten wurden andere innerliche Medikamente verschrieben. Das kostete die GKV etwa 85 Millionen Euro, also zehn Prozent der Ausgaben für Biologika.
    (Quelle: Monatszahlen x12, CVderm Hamburg und IQVIA Pharmascope DocSplit;MAT Nov 2020 / (12/2018-08/2025); update 10/2025)

    Ob man als Patient ein Biologikum verschrieben bekommt, ist weiterhin abhängig vom Wohnort. Das gilt nicht nur für die Schuppenflechte, sondern für alle Hauterkrankungen. Wir berichteten davon, z.B. 2024 (Biologika und Biosimilars).

    Die Zahlen sind Euro-Beträge. In Bremen wurde demnach 7,7 x mehr pro Kopf für Biologika ausgegeben als in Baden-Württemberg. 

    Es gibt mehrere Erklärungen dafür, zum Beispiel die Angst der Ärzte vor Regress, also Rückzahlungsforderungen der Krankenkassen oder negative Einstellungen zur Biologika-Therapie. Regress kann ausgeschlossen werden, wenn sich die Praxen einem Psoriasis-Versorgungsvertrag anschließen (siehe unten). Fakt ist, dass in Mecklenburg-Vorpommern 50 Prozent der Dermatologen Biologika verschreiben, in Baden-Württemberg dagegen nur 5 Prozent. Deutschlandweit sind es unter 40 Prozent.

    Die Versorgungskonferenz hat sich als Ziel gesetzt, bis 2030 den Unterschied zwischen den Regionen bis auf den Faktor 3 anzugleichen. Dann würde in BaWü nach aktuellen Zahlen 8,73 Euro/GKV-Versicherten für Biologika ausgegeben, also ein Drittel der Bremer Ausgaben.

    Schwachstellen der Psoriasis-Behandlung

    Es gibt keine neuen Zahlen, wie viel Psoriasis-Betroffene gar nicht oder falsch behandelt werden. Es bleibt deshalb beim Appell, sich mit einer mittelschweren oder schweren Psoriasis unbedingt behandeln zu lassen – aber weder mit Cremes, Salben oder Sprays, noch mit cortisonhaltigen Tabletten. Wer langfristig Glukocorticoide schluckt, muss mit typischen Schäden rechnen. Vor allem riskieren Betroffene, die nicht oder falsch behandelt werden, schwere Begleiterkrankungen.

    Die Versorgungskonferenz hat sich als Ziel bis 2030 gesetzt, dass 80 Prozent der Psoriasis-Patienten leitliniengerecht behandelt werden.

    Begleiterkrankungen aufspüren

    Alle sind sich einig darin, dass Psoriasis-Patienten regelmäßig danach untersucht werden müssen, ob sich bei ihnen eine der typischen Begleiterkrankung herausbildet. Dazu werden Laborwerte erhoben, die Körpermasse ermittelt, psychische Auffälligkeiten und der Alkoholkonsum erfragt. Dafür gibt es eine kurze Risiko-Checkliste. Es wurde angekündigt, die Komorb-Screening-Empfehlungen 2026 auf den neuesten Erkenntnisstand zu bringen.

    Auf der Konferenz wurde deutlich, dass viele Praktiker das als notwendigen, aber zusätzlichen Aufwand verstehen. Bei Verdacht auf eine Begleiterkrankung werden die Patienten normalerweise an eine Fachpraxis überwiesen. Aber bei psychischen Problemen reiche es möglicherweise nicht aus, aufgrund der Antworten in der Risiko-Checkliste lediglich eine Überweisung für psychologische Behandlung auszustellen. Aber für mehr habe man selten Zeit und oft nicht das Wissen über entsprechende Angebote.

    Vergütet wird das Screening nach Begleiterkrankungen nur dann, wenn die Praxis sich einem der Versorgungsverträge angeschlossen hat (siehe unten) und der Patient Mitglied in einer der beteiligten Kassen ist. Für alle anderen sollte die Untersuchung möglichst zeitsparend in die Patientenbetreuung eingebaut werden („Best Practice in der dermatologischen Praxis“).

    Die Versorgungskonferenz hat sich als Ziel bis 2030 gesetzt, dass 80 Prozent der Pso-Patienten einmal im Jahr nach Begleiterkrankungen untersucht werden.

    Behandlung von Psoriasis-Patienten zahlt sich aus

    2022 wurde der erste „Versorgungsvertrag“ geschlossen, der den Praxen Schutz vor Regress und zusätzliche Einnahmen garantiert, wenn sie sich an das vereinbarte Behandlungsschema halten. Wir berichteten darüber. Zur Zeit wird den beteiligten Hautärzten die Behandlung von mittelschweren oder schweren Psoriasis-Patienten jährlich mit zusätzlich knapp 300 Euro vergütet.

    Für Psoriasis-Patienten kann das bedeuten, dass ihre Dermatologin oder ihr Dermatologe eher bereit ist, ihnen teure Präparate zu verschreiben. Aber: Nicht alle gesetzlichen Krankenkassen beteiligen sich an diesem Versorgungskonzept. Vor allem die AOKen sind nicht dabei. Das heißt, die Praxen profitieren nur dann davon, wenn ihre Psoriasis-Patientin oder ihr Psoriasis-Patient in einer der beteiligten Krankenkassen versichert ist. Zur Zeit sind etwas mehr als 50 Prozent der gesetzlich Versicherten einbezogen.

    Es gibt zwei Verträge, an denen sich unterschiedliche Krankenkassen beteiligen. Wer wissen will, ob seine dabei ist, kann das nachlesen: DermaOne und DermAktiv.

    Datensammlung im Register

    Mit dem Register PsoBest (Sicherheit durchs Psoriasis-Register) wird seit 2008 die Behandlung der Schuppenflechte und Psoriasis arthritis mit den innerlich wirkenden Medikamenten dokumentiert. Inzwischen beteiligen sich 1104 Zentren mit 26.084 Patienten daran. Das sind immerhin elf Prozent aller nach Leitlinien behandelten Patienten. Sie erhalten Biologika und Nicht-Biologika; die meisten Adalimumab und Secukinumab bzw. Methotrexat, Skilarence und Fumaderm.

    Ins Register werden zusätzlich die Wünsche der Patienten an eine Psoriasis-Therapie aufgenommen. In den vergangenen 15 Jahren haben sich diese Bedürfnisse verändert. So wird aktuell am meisten genannt,

    • von allem geheilt zu werden,
    • eine schnellere Hautverbesserung,
    • die Wiedererlangung der Krankheitskontrolle,
    • das Vertrauen in die Therapie,
    • keinen Juckreiz mehr zu haben,
    • eine klare Diagnose/Therapie zu erhalten,
    • keine Angst vor Fortschreiten der Krankheit zu haben und
    • schmerzfrei zu werden.

    Weniger bedeutend als früher ist es inzwischen für die Patienten, keine eigenen Ausgaben wegen der Psoriasis zu haben.

    Deutschlandweite Therapieziele

    Die Versorgungskonferenz hat sich als Ziel bis 2030 gesetzt, für die Psoriasis-Betroffenen in ganz Deutschland im Durchschnitt einen absoluten PASI <5 oder einen DLQI ≤ 5 zu erreichen. Diese Zahlen weichen von denen in der aktuellen Leitlinie ab. Dort wird als Therapieziel ein absoluter PASI von < 2 bzw, ein DLQI ≤1 genannt.

    Beides ist trotzdem nachvollziehbar: „Nationale Versorgungsziele“ berücksichtigen alle Psoriasis-Patienten, unabhäng davon, wie sie behandelt werden. Therapieziele in Leitlinien dagegen werden nur für diejenigen gesetzt, die entsprechend dieser Empfehlungen therapiert werden.

    Über die Nationale Versorgungskonferenz Psoriasis (NVKP)

    Das Treffen wird organisiert von den Ärzteverbänden BVDDDDG, von PsoBest und CVderm sowie dem Patientenverband Deutscher Psoriasis-Bund. Teilnehmer sind Hautärzte, Fachleute aus der Pharmaindustrie und Patientenvertreter. Offizieller Veranstalter ist das Hautnetz Deutschland. Die Konferenz gibt es seit 2009.

    Seit 2024 folgt der NVKP direkt eine Nationale Versorgungskonferenz Haut, bei der es um weitere Hauterkrankungen geht.


    Über den Autoren

    Rolf Blaga hat sich mehr als 28 Jahre lang in der Patienten-Selbsthilfe für Menschen mit Schuppenflechte engagiert. Als Autor fürs Psoriasis-Netz besucht er regelmäßig medizinische Veranstaltungen. Er ist Vorsitzender der AG Medizin und Gesundheit bei Transparency Deutschland.

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