Biologika (Singular: das Biologikum) sind moderne Medikamente, die gentechnisch hergestellt werden. Anders als herkömmliche Tabletten, die rein chemisch produziert werden, bestehen Biologika aus komplexen Eiweißstrukturen (Proteinen), die von lebenden Zellkulturen produziert werden.
In der Behandlung von Schuppenflechte (Psoriasis) und Psoriasis arthritis gelten sie oft als entscheidender Fortschritt, da sie gezielt in das fehlgesteuerte Immunsystem eingreifen.
Wie funktionieren Biologika?
Um das Prinzip zu verstehen, hilft ein Vergleich zwischen einer klassischen Tablette und einem Biologikum:
Klassische Medikamente (z. B. Methotrexat): Diese wirken oft wie eine „Gießkanne“. Sie dämpfen das Immunsystem im Ganzen, um die Entzündung zu stoppen.
Biologika: Sie arbeiten wie ein Präzisionswerkzeug.
Bei Psoriasis sendet das Immunsystem fälschlicherweise ständig Alarmsignale aus. Diese Alarmsignale werden von sogenannten Botenstoffen (Zytokinen) von Zelle zu Zelle getragen. Bekannte Botenstoffe sind zum Beispiel TNF-alpha, Interleukin-17 oder Interleukin-23.
Das Biologikum ist ein künstlich hergestellter Antikörper. Es funktioniert nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Das Medikament (der Schlüssel) passt exakt auf den entzündungsfördernden Botenstoff oder dessen Andockstelle (das Schloss).
Das Ergebnis: Der Botenstoff wird blockiert oder abgefangen. Die falsche Alarmkette wird unterbrochen, und die Entzündung der Haut oder der Gelenke geht zurück.
Warum muss man sie spritzen?
Viele Patienten fragen sich, warum es Biologika nicht als Tablette gibt. Der Grund liegt in ihrer Struktur:
Biologika sind Eiweiße. Würde man sie schlucken, würde unsere Magensäure sie genauso verdauen wie ein Stück Fleisch oder Käse. Sie würden in ihre Einzelteile zerlegt und wären wirkungslos, bevor sie ins Blut gelangen.
Deshalb müssen Biologika immer am Magen-Darm-Trakt vorbei in den Körper gebracht werden:
- Als Injektion unter die Haut (Subkutan), meist mittels eines Fertigpens (ähnlich wie bei Insulin).
- Als Infusion direkt in die Vene (beim Arzt).
Was sind Biosimilars?
Da Biologika extrem aufwendig in der Herstellung sind, sind sie sehr teuer. Läuft der Patentschutz eines Original-Medikaments ab, dürfen andere Firmen Nachahmer-Präparate herstellen. Diese nennt man Biosimilars.
Sie sind dem Original extrem ähnlich („similar“), aber nie zu 100 % identisch, da es sich um Naturprodukte aus lebenden Zellen handelt. Sie sind jedoch in Wirkung und Sicherheit vergleichbar geprüft.
Das Wichtigste in Kürze
- Ursprung: Hergestellt aus lebenden Zellkulturen, nicht rein chemisch.
- Wirkung: Greifen gezielt bestimmte Entzündungs-Botenstoffe des Immunsystems an (Unterbrechung der Signalkette).
- Anwendung: Müssen gespritzt werden (Pen oder Infusion), da der Magen sie sonst verdauen würde.
- Einsatz: Meist bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis oder Psoriasis-Arthritis, wenn andere Therapien nicht ausreichend wirken.
Die Zielscheiben: TNF-alpha und Interleukine
Man kann sich die Entzündung bei Psoriasis wie einen Staffellauf oder eine Dominokette im Körper vorstellen. Ein Botenstoff gibt das Signal „Entzündung!“ an den nächsten weiter, bis das Signal schließlich an der Haut oder im Gelenk ankommt und dort Schuppung oder Schmerz auslöst.
Verschiedene Biologika unterbrechen diesen Staffellauf an unterschiedlichen Stellen. Welches Mittel der Arzt auswählt, hängt oft davon ab, wo das „Feuer“ am stärksten brennt (nur Haut oder auch Gelenke) und wie der Patient auf Vortherapien reagiert hat.
Die wichtigsten Gruppen sind:
1. TNF-alpha-Blocker (Die „Generalisten“)
Dies sind die ersten Biologika, die für Psoriasis entwickelt wurden.
- Das Prinzip: TNF-alpha ist ein sehr zentraler Botenstoff, der ganz am Anfang der Alarmkette steht. Er trommelt das Immunsystem breitflächig zusammen.
- Die Wirkung: Da sie sehr weit „oben“ in der Hierarchie eingreifen, wirken sie oft nicht nur auf die Haut, sondern auch sehr gut gegen Gelenkentschündungen (Psoriasis-Arthritis) oder begleitende Darmerkrankungen.
- Beispiele für Wirkstoffe: Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Certolizumab.
2. Interleukin-17-Hemmer (Die „Sprinter“)
Diese Medikamente greifen später in die Kette ein, näher am Geschehen der Haut.
- Das Prinzip: Interleukin-17 (IL-17) ist der Botenstoff, der direkt den Befehl gibt: „Hautzellen, vermehrt euch!“ und „Entzündung starten!“.
- Die Wirkung: Weil sie direkt diesen letzten Befehl abfangen, führen sie oft zu einer sehr schnellen und starken Abheilung der Hauterscheinungen (Plaques).
- Beispiele für Wirkstoffe: Secukinumab, Ixekizumab, Bimekizumab.
3. Interleukin-23-Hemmer (Die „Strategen“)
Dies ist eine neuere Gruppe von Biologika.
- Das Prinzip: Interleukin-23 (IL-23) ist sozusagen der „Vorgesetzte“ von IL-17. Es gibt den Befehl, IL-17 überhaupt erst zu produzieren.
- Die Wirkung: Blockiert man IL-23, wird die Entzündungskette sehr nachhaltig unterbrochen. Diese Medikamente zeichnen sich oft dadurch aus, dass die Wirkung lange anhält und die Patienten sich seltener spritzen müssen (oft nur alle 2 bis 3 Monate).
- Beispiele für Wirkstoffe: Guselkumab, Risankizumab, Tildrakizumab.
4. Interleukin-12/23-Hemmer
Ein Klassiker, der beide Botenstoffe (IL-12 und IL-23) gleichzeitig blockiert.
- Beispiel für Wirkstoff: Ustekinumab.
Fazit für Patienten
Es ist nicht „besser“ oder „schlechter“, einen TNF-Blocker oder einen Interleukin-Hemmer zu nehmen. Es ist eine Frage des individuellen Puzzles: Hat der Patient auch Psoriasis arthritis? Hat er eine chronische Darmentzündung? Möchte er sich so selten wie möglich spritzen? Anhand dieser Fragen sucht der Arzt den passenden „Schlüssel“ für das Schloss aus.

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